Prozesstermin gegen Rechtsanwalt Andreas Beuth

Montag, 07.November 2011, 9:00 Uhr
Amtsgericht, Sievekingplatz 3, Saal 184

Treffpunkt 07.11.2011 08:30 Uhr gegenüber des Strafjustizgebäudes Sievekingplatz 3

Verteidiger verteidigen – keine Kriminalisierung von Rechtsanwält_innen in HH !

Der Hamburger Rechtsanwalt Andreas Beuth hat am 25.10.2010 einen Strafbefehl des Amtsgerichts Hamburg von 80 Tagessätzen über insgesamt 2400 € erhalten. Er soll fahrlässig gegen das Waffengesetz verstoßen haben, weil er einen Signalgeberhalter, wie er in Notfällen zum Abschuss von Leuchtkugeln von Seglern oder Bergsteigern verwandt wird, ohne Erlaubnis mit sich geführt habe. Rechtsanwalt Beuth besitzt tatsächlich keinen so genannten „Kleinen Waffenschein“ zum Führen eines solchen Signalgebers. Doch das vermeintliche Vergehen hat sich weder auf einer Demonstration oder gar der Waffenverbotszone auf der Reeperbahn ereignet, sondern in einem Gerichtssaal des Straf-justizgebäudes am Sievekingplatz.

Dort verteidigte nämlich Rechtsanwalt Beuth einen Angeklagten, der bei einem der Schanzenfeste mit einem Signalgeber auf Polizeibeamte geschossen haben soll. Verschiedene belastende Beamte sollten mit einem baugleichen Gerät in den Zeugenvernehmungen konfrontiert werden. Nachdem Beuth dies am ersten Verhandlungstag unbeanstandet getan hatte, hinderte der anwesende Staatsanwalt der Staatsschutzabteilung Todt ihn am 2. Verhandlungstag daran, beschlagnahmte den mitgebrachten Signalgeber und kündigte die Einleitung eines Verfahrens wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz an.

Im folgenden Ermittlungsverfahren kamen die zuständigen Beamten des LKA jedoch zum dem Ergebnis, dass aus ihrer Sicht keine Straftat vorliege. Der Signalgeberhalter wäre ungeladen gewesen und sei in einem Aktenkoffer transportiert worden. Zudem hätte der Beschuldigte keine Munition dabei gehabt und schließlich im Rahmen seiner Anwaltstätigkeit ein nachvollziehbares Interesse am Transport des Signalgeberhalters gehabt, das nicht auf die Nutzung als Waffe gerichtet gewesen war. Aus diesen Gründen hätte es keiner Erlaubnis bedurft und Rechtsanwalt Beuth sei kein Verstoß gegen das Waffengesetz vorzuwerfen. Dieses Ermittlungsergebnis überrascht, da sich die Polizei als Teil der staatlichen Repressionsorgane selten in einen inhaltlichen Widerspruch zu einem von der Staatsanwaltschaft angestrengten Verfahren setzt.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ignorierte kurzerhand diese Bewertung und beantragte beim Amtsgericht Hamburg den Erlass des Strafbefehls gegen Rechtsanwalt Beuth. Nachdem dagegen Einspruch eingelegt wurde, soll nunmehr am 07.11.2011 ein Prozess stattfinden.
Dieser Umstand lässt sich nur damit erklären, dass es nicht um die Ahndung angeblich strafbaren Handelns, sondern um Rechtsanwalt Beuth als Person geht.

Mit dem Kriminalisierungsversuch der Hamburger Staatsanwaltschaft wird vor allem die Arbeit Andreas Beuths als engagierter linker Strafverteidiger verfolgt. Rechtsanwalt Beuth hat zuletzt u.a in politischen Verfahren wegen des Vorwurfs der Bildung krimineller bzw. terroristischer Vereinigungen (Paragrafen 129 / 129 a StGB) gemeinsam mit anderen Verteidiger_innen Betroffene verteidigt. Er hat mit dafür gesorgt, dass die staatlichen Repressionsversuche von Protestbewegungen gegen Stadtentwicklungspolitik oder aber auch den G8 in Heiligendamm ins Leere liefen und die Ermittlungsverfahren nie zu einer Anklage geführt haben und eingestellt werden mussten. Auch im Zusammenhang mit Verfahren wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruch oder behaupteten Widerstandshandlungen oder Körperverletzungen zum Nachteil von Polizisten konnte Beuth immer wieder Freisprüche oder angesichts gravierender Widersprüche in belastenden polizeilichen Zeugenaussagen Verfahrenseinstellungen durchsetzen. Engagierte linke Strafverteidiger_innen haben sich schon immer in einer besonderen Konfrontation befunden. Und gesellschafts- und herrschaftskritische politische Organisierung sah sich schon immer staatlicher Repression ausgesetzt. Dabei geht es der politischen Justiz weniger um strafbares Handeln, sondern es wird vor allem politische Gesinnung kriminalisiert. Dem lag und liegt der Gedanke eines Feindstrafrechts zugrunde, der Polizei, Staatsanwalt und Gerichte ermächtigt, politische Gesinnung als kriminell zu stigmatisieren und im Rahmen von Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsverfahren abzuurteilen. Ziel ist die Einschüchterung von politisch aktiven Menschen und die Zerschlagung von nicht erwünschtem politischem Widerstand. Feindstrafrecht folgt politischen Vorgaben. In diesem Zusammenhang spielen auch die aktuellen politischen gesellschaftlichen Entwicklungen eine Rolle. Die beispielsweise sich neoliberal formierende Politik in sozialen und ökonomischen Fragen oder die Abschottung Europas vor Flüchtlingen produziert gesellschaftliche Widersprüche, die vor allem durch repressive Konzepte von Überwachung, Kontrolle und Kriminalisierung beherrscht werden sollen. Die regelmäßigen und zyklisch initiierten Initiativen für Gesetzesverschärfungen sind Ausdruck dieser Entwicklung. In diesem Kontext können politisch parteilich und solidarisch verteidigende Rechtsanwält_innen selbst in den Fokus staatlicher Repression kommen. Die Tätigkeit Andreas Beuths in zahlreichen von Staatsschutz und der Abteilung der Staatsanwaltschaft 7101 für politische Delikte initiierten Verfahren ist Teilen der Hamburger Justiz jedenfalls offensichtlich ein Dorn im Auge. Nur so lässt sich der Versuch erklären, das Verteidigerhandeln eines Rechtsanwalts im Gerichtssaal als Straftat zu kriminalisieren. Der Versuch der Einschüchterung soll über die Person des Betroffen hinaus dabei ein (rechts-)politisches Signal an andere Kolleginnen und Kollegen sein. Entsprechend haben sich bereits 120 Hamburger Kolleginnen und Kollegen, die Strafverteidiger-AG Hamburg, der RAV, aber auch die Rote Hilfe solidarisch erklärt und die sofortige Einstellung des Verfahrens gefordert. Aber auch alle politisch engagierten Menschen sind aufgefordert, sich solidarisch zu zeigen. Wenn Anwält_innen politische Bewegung vor staatlicher Repression weiterhin in Zukunft verteidigen sollen, muss die politische Bewegung ebenso Anwält_innen gegen staatliche Repression verteidigen.

Sofortige Einstellung des Verfahrens gegen Rechtsanwalt Beuth!
Keine Kriminalisierung von Rechtsanwält_innen überhaupt!
Solidarität ist unsere Waffe!