Wir dokumentieren ein Statement vom Ermittlungsausschuss Hamburg zur Demonstration „Verboten gut – Anarchismus in die Offensive“:
Die Demonstration „Verboten gut – Anarchismus in die Offensive“ am 1. Mai 2022 in Hamburg Wilhelmsburg startete gegen 18:45 verspätet, weil viele der Teilnehmer*innen im Bahnhof Wilhelmsburg in einer rechtswidrigen Vorkontrolle festgehalten wurden. Der ungehinderte Zugang zur Versammlung wurde ihnen von der Polizei Hamburg verwehrt. Umstehenden Personen wurde als „Grund“ für den Übergriff lediglich „auffälliges Aussehen“ genannt . Es wurden Taschen durchsucht, deren Inhalt auf dem Boden ausgebreitet und, genau wie die Betroffenen, komplett abgefilmt. Demonstrantinnen wurden zwar von Polizistinnen durchsucht, dies fand aber nicht in geschütztem Rahmen, sondern in einem Kreis aus herummackernden Polizist*innen statt.
Der Zugang zu Demonstrationen muss auch in Hamburg ohne Einschüchterung und Gewalt gegen die Teilnehmer*innen jederzeit möglich sein!
Bereits nach 500 Metern wurde die Demonstration gestoppt. Eine angemeldete Schirmchoreographie passte den Polizist*innen vor Ort nicht. Nachdem die Demonstration sich darauf einließ, die Schirme herunter zu nehmen, kamen weitere Schikanen, die darin gipfelten, dass alle Transparente lediglich auf Hüfthöhe getragen werden sollten. Dass sie so kaum lesbar sind und die politische Botschaft unkenntlich gemacht wird, war sicherlich einkalkuliert.
Gleichzeitig kündigte die Polizei an, ab diesem Zeitpunkt (mittlerweile war es 19:45) die Demo permanent abzufilmen.
Eine Demonstration muss in der Lage sein, ihre politischen Forderungen sichtbar nach außen zu tragen, auch wenn die Inhalte der Hamburger Polizei missfallen!
Ab diesem Punkt ging die Demonstration in einem beidseitigen Spalier, das sich zu einem „Wanderkessel“ auswuchs.
Am Stübenplatz kam es dann zu ersten Fest- oder Ingewahrsamnahmen.
Die Zwischenkundgebung in der Nähe des Hauses der AfD-“Politikerin“ Nicole Jordan sperrte die Polizei so ab, dass es Teilnehmer*innen auch auf Nachfrage nicht möglich war die Demonstration zu verlassen.
Kurz danach sagte die Polizei durch, sie habe Erkenntnisse, dass „Pyrotechnik“ verteilt worden sei. Eine offensichtliche Lüge, die die folgenden Übergriffe vorbereitete.
In Folge zogen sie das Spalier im vorderen Teil der Demonstration immer enger, bis die Demo zwischen Reihen von BFE-Polizist*innen eingequetscht war. Diese bedrohten die Teilnehmer*innen immer wieder verbal, unter anderem mit Sprüchen wie „Seid froh, dass wir nicht in die Menge schießen, wir würden immer die Richtigen treffen“.
Vor der S-Bahn-Brücke Veddel wurde die Demonstration abermals aufgestoppt, was genutzt wurde um die Abschlusskundgebung durchzuführen. In dieser Situation kam es zu weiteren Übergriffen durch die Polizei, die zwei Teilnehmer*innen gewalttätig festnahm.
Unter der S-Bahn-Brücke wurde die Demonstation dann – kurz vor Ende und ohne Vorankündigung – von mehreren Seiten gleichzeitig durch BFE und andere Polizei angegriffen. Es kam in dieser Situation zwar auch zu Festnahmen, der Angriff hatte aber ganz offensichtlich vor allem das Ziel, möglichst viele der Teilnehmer*innen durch Schlagstöcke, Tonfa und Pfefferspray zu verletzen.
Als Vorwand für den Angriff veröffentlichte die Polizei Hamburg auf Social Media, es habe einen Flaschenwurf gegeben. Eine Lüge, die sich nicht einmal mehr in der später veröffentlichten polizeilichen Pressemitteilung wiederfindet.
Auch die Abreise mit der S-Bahn war von Gewalt und Schikane geprägt. Bereits auf dem S-Bahn Gleis Veddel kam es zu einem weiteren Angriff auf die abreisenden Teilnehmer*innen.
Mehrfach wurden Bahnen gestoppt und vermeintlichen Demo-Teilnehmer*innen der Ausstieg verweigert. Zudem fuhren in den Bahnen Polizist*innen mit. Am Hauptbahnhof wurde zuerst ebenfalls der Ausstieg verweigert, später wurden die vermeintlichen Teilnehmer*innen und andere Fahrgäste auf dem Gleis festgehalten. Die Aufgänge waren dabei auf beiden Seiten durch die Hundestaffel blockiert. Die Menschen auf dem Gleis wurden später in die S31 und S21 gezwungen, mit der Info sie müssten zur Sternschanze bzw. Elbgaustraße fahren. Tatsächlich konnten sie nach insgesamt über einer Stunde dann alle an der Sternschanze aussteigen.
Auch die Abreise von Demonstrationen muss ohne Einschüchterung und Gewalt gegen die Teilnehmer*innen jederzeit möglich sein!
Im Verlauf des Abends stellte sich heraus, dass die Polizei in einem uns bekannten Fall die anwaltliche Vertretung belog. Sie erklärten, eine betroffene Person sei entlassen. Richtig ist, dass die betroffene Person zu diesem Zeitpunkt mit Polizeibegleitung auf dem Weg ins Krankenhaus war und ihr gesagt wurde, sie müsse sich darauf einstellen, im Anschluss möglicherweise noch mit auf die Wache genommen zu werden.
Wir wünschen allen Betroffenen und Verletzten viel Kraft und schnelle Genesung!
Seid füreinander da und meldet euch, wenn ihr Unterstützung braucht, bei Out of Action, der Roten Hilfe oder bei uns.