In der vorangegangenen Woche haben sich in der BRD mehrere Zehntausend
SchülerInnen, Studierende und andere im Bildungsbereich tätige Menschen an
Veranstaltungen und Aktionen für eine grundlegende Alternative zum jetzigen
Bildungssystem beteiligt. Den öffentlichkeitswirksamen Kulminationspunkt
bildeten hierbei die in insgesamt 80 Städten stattfindenden Demonstrationen, an
denen am 17. Juni 2009 fast 250.000 Personen teilnahmen. Den zunehmend auf
kapitalistische Verwertung ausgerichteten Prozessen im marktwirtschaftlich
konfigurierten Bildungsbereich sollte bundesweit mit massenhaftem und legitimem
Protest begegnet werden.
Aber nicht überall konnten die Proteste problemlos, also frei von staatlichen
Unterdrückungs- oder Verhinderungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Vielerorts wurden die Demonstrationen durch massive polizeiliche Auflagen
behindert, und es kam zu extremen Einsätzen gegen AktivistInnen: In einer
Nürnberger Schule beispielsweise setzte eine Spezialeinheit der Polizei
Pfefferspray ein, um Jugendliche am Demonstrieren zu hindern; in Stuttgart
wurde eine Bildungsstreikparty gewaltsam aufgelöst; in Hamburg wurden sechs
14-Jährige vorübergehend festgenommen.
Darüber hinaus gab es hartes polizeiliches Vorgehen gegen friedliche Blockaden,
symbolische Bank„überfälle“ oder Institutsbesetzungen. Momentan sind mehrere
Ermittlungsverfahren bekannt, die gegen BesetzerInnen oder
DemonstrationsanmelderInnen laufen – wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung
oder Verstoßes gegen Demoauflagen.
In Heidelberg, wo ab Mittwoch (17.06.2009) von bis zu 200 AktivistInnen der in
der Alten Universität untergebrachte Amtssitz der Unispitze besetzt wurde, nahm
Rektor Eitel auf massiven öffentlichen Druck hin die Anzeigen gegen die
verbliebenen 112 BesetzerInnen wieder zurück, die er von der Polizei am
Samstagmorgen hatte aus dem Gebäude tragen lassen.
Auch die Schulleitungen beteiligten sich am staatlichen Kampf gegen die Proteste
und hinderten ganze Schulklassen durch Einsperrung an der Wahrnehmung ihrer
Demonstrationsfreiheit.
Unsere linke Solidaritätsorganisation, die bereits im Vorfeld des
Bildungsstreiks notwendige Aufklärungsarbeit im bewussten Umgang mit
staatlicher Unterdrückung geleistet hat, fordert die Behörden, die
Ordnungsämter, die Staatsanwaltschaften, die Schulen und die Universitäten dazu
auf, alle Ermittlungsverfahren oder sonstigen repressiven Maßnahmen
zurückzunehmen und den AktivistInnen Straffreiheit zu gewähren.
Alle, die im Rahmen der Proteste gegen ein auf Wettbewerb und Marktinteressen
ausgerichtetes Lernen ins Visier staatlicher Ermittlungsbehörden geraten sind
oder in Folge ihres politischen Engagements an Schulen und Universitäten unter
Repressalien zu leiden haben, können sich an die Rote Hilfe, den AK
Antirepressionsarbeit im Bildungsstreik 2009 oder andere linke
Antirepressionsorganisationen wenden. Außerdem existiert nach wie vor ein
Spendenkonto bei der Roten Hilfe, auf das unter dem Stichwort
„Bildungsproteste“ eingezahlt werden kann.
Gegen staatliche Repression!
Für freie Meinungsbildung!
Mathias Krause für den Bundesvorstand