Presseerklärung des Bundesvorstands der Roten Hilfe

Für die sofortige Freilassung von Felix Otto!

bewegungsfreiheit_bild_300.jpgDer kamerunische Asylbewerber und „The Voice“-Aktivist Felix Otto sitzt seit gestern in Abschiebehaft – an Händen und Füßen gefesselt, in einer videoüberwachten Einzelzelle. Grund dafür ist sein fortgesetztes politisches Engagement, im Rahmen dessen er den ihm von den Behörden vorgegebenen Landkreis verlassen und damit gegen die so genannte Residenzpflicht, eine besonders menschenverachtende Form staatlicher Repression, verstoßen hatte. Schon zuvor
war der Kameruner in Thüringen für acht Monate in Haft gekommen und musste insgesamt 900 Arbeitsstunden ableisten, weil er für seine politische Arbeit vom Recht auf Bewegungsfreiheit Gebrauch gemacht hatte – einem Grundrecht, das der deutsche Staat AsylbewerberInnen systematisch verweigert.

Nach seiner jetzigen Festnahme steht der Flüchtlingsaktivist unter ständiger
Kontrolle, und die Möglichkeit, Telefonate zu führen, wird eingeschränkt.
Außerdem wurden ihm seine Kleider abgenommen. Offiziell begründet wird diese
staatliche Maßnahme mit Felix Ottos angeblicher Suizidgefährdung. Diese
Diagnose kommt aus heiterem Himmel und hat offensichtlich etwas zu tun mit dem
überraschenden Besuch eines Psychologen, der Felix vor Tagen darauf hingewiesen
hatte, nunmehr häufiger zu ihm kommen zu wollen. Alleiniges Ziel dieser
plötzlichen psychologischen „Fürsorge“ war, eine offizielle staatliche
Rechtfertigung dafür zu gewinnen, Felix des letzten Restes an sowieso
unerträglich eingeschränkter Freiheit zu berauben, um seine für den 25.08.2009
angesetzte Charterflug-Abschiebung nach Kamerun ohne Hindernisse durchführen
und jede Form von Protest und Widerstand verhindern zu können.
Dabei handelt es sich bei der geplanten Abschiebung, die nun mit hanebüchenen
psychologischen „Gutachten“ legitimiert werden soll, um die mit Abstand
härteste Strafe, die jemals wegen eines solchen Verstoßes, also des Verlassens
eines behördlich zugeteilten Landkreises, verhängt wurde. Im Übrigen
solchermaßen, dass die Anwältin Ottos nicht schriftlich zum Verfahren geladen
worden war.

Felix Otto soll abgeschoben werden, obwohl er als politischer Flüchtling und
Asylbewerber in Deutschland und als Aktivist von Flüchtlings- und
Menschenrechtsorganisation in Gefahr ist, in Kamerun als politischer
Oppositioneller eingestuft zu werden und damit Verfolgungen ausgesetzt zu sein.

Kamerun ist ein Staat, in dem Korruption und Menschenrechtsverletzungen an der
Tagesordnung sind und politische GegnerInnen gewaltsam mundtot gemacht werden,
indem sie willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen ohne rechtliche Grundlage
ausgesetzt werden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und
Versammlungsfreiheit wird massiv bedroht. MenschenrechtsverteidigerInnen und
JournalistInnen werden eingeschüchtert und schikaniert, Frauen und Männer
werden auf Grund ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert. Die Skrupellosigkeit
im Umgang mit politischen GegnerInnen zeigen besonders die Vorfälle im Februar
2008, als Sicherheitskräfte mindestens 100 Menschen töteten, um Proteste gegen
Preiserhöhungen sowie gegen eine Verfassungsänderung niederzuschlagen. Einige
der Opfer wurden offenbar aus nächster Nähe durch Kopfschüsse ermordet. In
Douala sollen Menschen unter Beschuss dazu gezwungen worden sein, in den
Wouri-Fluss zu springen, wo sie ertranken. Vielen Verletzten mit Schusswunden
wurde eine ärztliche Behandlung verweigert, was in einigen Fällen zum Tod der
Verletzten führte. Einige Monate später wurden nach einem Gefängnisausbruch 15
Männer von Gefängniswachen und anderen Sicherheitskräften erschossen.
Die Meinungsfreiheit wird in Kamerun massiv eingeschränkt. Menschen, die sich
regierungskritisch äußern, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen und aus
politischen Gründen wegen Diffamierung angeklagt zu werden. Um
Oppositionsmitglieder an der Abhaltung von Versammlungen zu hindern, greifen
die Sicherheitskräfte zu Gewalt, willkürlichen Festnahmen und rechtswidrigen
Inhaftierungen. Die Zustände in den Gefängnissen sind katastrophal. Sie sind
gewöhnlich stark überbelegt und in schlechtem hygienischen Zustand.
Mit einer Abschiebung nach Kamerun bringen die deutschen Behörden und Gerichte
das Leben und die Sicherheit des politischen Aktivisten Felix Otto in Gefahr
und machen sich schlicht der Kollaboration schuldig.

Weg mit allen rassistischen Sondergesetzen!
Die staatlich-repressive Residenzpflicht abschaffen!
Für die sofortige Freilassung von Felix Otto!
Für das Ende der Abschiebeandrohung gegen den Flüchtlingsaktivisten!

Mathias Krause für den Bundesvorstand