Am vergangenen Freitag hatte Bundesanwalt Drew Wrigley in Fargo (Nord-Dakota) die Entscheidung der Haftprüfungskommission (Parole Commission) bekannt gegeben, dass die längst fällige Begnadigung des im US-amerikanischen Bundesstaat Pennsylvania inhaftierten American Indian Movement-Aktivisten
Leonard Peltier abgelehnt worden sei. Leonard, der die bei einem solchen Urteil übliche Regelhaftzeit von 30 Jahren längst verbüßt hatte, sollte zu seinem 65. Geburtstag (am 12.09.2009) aus dem Hochsicherheitsgefängnis in Lewisburg entlassen werden.
Peltier, seit Jahrzehnten einer der weltweit bekanntesten politischen Gefangenen, soll den Tod zweier FBI-Agenten zu verantworten haben, die am 26.06.1975 bei einer Schießerei ums Leben gekommen aren. Grund der bewaffneten Auseinandersetzung, bei der auch ein Indianer getötet worden war, waren fortwährende Angriffe von paramilitärischen Truppen und FBI-Agenten auf die Pine-Ridge-Reservation in South Dakota, in der Anfang der 1970er Jahre bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten. Die 1968 in Minneapolis gegründete indigene Widerstandsbewegung American Indian Movement (AIM), der Peltier seit
jeher angehört, geht davon aus, dass in dieser Zeit bis zu 300 Lakota-IndianerInnen staatlich-paramilitärischen Mordkommandos zum Opfer fielen. Das AIM war dann schließlich angerufen worden, um die Reservation
effektiver gegen den militärischen Ausnahmezustand, in den sie von den
rassistischen US-Behörden mit dem Ziel der Vernichtung versetzt worden war, in
Stellung zu bringen. Auch Peltier, der mittlerweile über die Hälfte seines
Lebens weggesperrt ist, war damals nach South Dakota gekommen und wurde dann
das Opfer der US-amerikanischen Justiz. Obwohl behördlich keine Beweise für
Peltiers Beteiligung an der Tötung jener FBI-Agenten erbracht werden konnten,
wurde er am Ende eines zur Farce verkommenen Gerichtsverfahrens 1977 für
schuldig befunden und wegen Mordes zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt.
Mathias Krause vom Bundesvorstand der Roten Hilfe: „Die Parallelen zum Fall
Mumia Abu-Jamals sind offensichtlich. In beiden Fällen geht es um von den
Umständen her bis heute im Dunkel bleibende Tötungsdelikte, in deren Verlauf
bewaffnete Beamte der USA ihr Leben verloren haben. In beiden Fällen sind
Menschen Opfer eines rassistisch strukturierten Justizapparates geworden, die
staatskritischen Widerstand geleistet haben gegen alle Formen von
Unterdrückung. Und in beiden Fällen sollen – nach dem Willen der Behörden, der
Polizeien und der Gerichte – die von staatlicher Repression Betroffenen im
Knast ihrem Tod entgegengehen, weil sie außerhalb der Gefängnismauern zu
gefährlich werden könnten für das US-System.“
Besonders zynisch in Leonard Peltiers Fall ist der behördliche Hinweis, dass die
nächste Begnadigungsanhörung 2024 stattfinden könnte; dann wäre Leonard Peltier,
der an Diabetes leidet, 79 Jahre alt.
In einem Interview sagte der 64-Jährige vor kurzem: „Ich bin der Beweis dafür,
dass sie gelogen haben, als sie meine Auslieferung aus Kanada betrieben haben.
Ich bin der Beweis dafür, dass sie in deinem Prozess lügen können, dass sie
Beweise fabrizieren, Zeugen einschüchtern und im Hinterzimmer mit dem Richter
Absprachen gegen dich treffen können. Ich bin der Beweis dafür, dass uns die
Mächtigen mit ihrer Geisteshaltung fest im Griff halten.“
Wir fordern ein Ende des systematischen Wegschließens staatskritischer
AktivistInnen. Wir fordern die Oberste Generalstaatsanwaltschaft der USA auf,
eine erneute Beurteilung des gesamten Falles Leonard Peltier durchzuführen, um
die rassistisch grundierten Justizfehler der Vergangenheit endlich korrigieren
zu können. Wir fordern die Freiheit aller politischen Gefangenen – weltweit!
Das Netzwerk für politische Gefangene will am kommenden Freitag, den 28. August
2009, eine Protestkundgebung gegen die fortgesetzte Inhaftierung von Leonard
Peltier vor der Berliner US-Botschaft durchführen.
Beginn der Kundgebung: 16 Uhr auf dem Pariser Platz, Berlin-Mitte.
Mathias Krause für den Bundesvorstand