G20ApUA: Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen unter Berliner Polizeizeugen

Wir dokumentieren eine Presseerklärung des G20ApUA:

Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) kritisiert das Urteil gegen Christian R. und weist auf die im Prozessverlauf bekannt gewordenen Versuche der Aktenmanipulation und Zeugenabsprachen hin.

Während der Verhandlung kam es bei einem Beamten zu Widersprüchen zwischen dessen mündlicher Aussage und seinem Zeugenbericht in der Akte. Diese betrafen die Art der Verletzung eines Polizeikollegen sowie das Verhalten des Beschuldigten. Bei der Befragung durch die Verteidigung stellte sich heraus, dass der Polizist versucht hatte, einen Bericht, der im Widerspruch zu dem seiner Kollegen stand, heimlich gegen einen veränderten Bericht auszutauschen. Diesen Bericht hatte er mit der Bemerkung „Jetzt sollte es passen…“ an die Sonderkommission in Hamburg geschickt, wo der aufgrund eines Versehens aber nicht in die Akte gelangt ist.

Alle fünf Zeugen haben von einem einzigen gemeinsamen Treffen kurz vor dem ersten Hauptverhandlungstermin berichtet. Drei haben ausgesagt, dass die Zeugen bei diesem Treffen ihre Erinnerungen an das Geschehen ausgetauscht und abgeglichen hätten.

Trotz dieses eindeutig festgestellten Versuchs der Aktenmanipulation und der Absprachen während eines Vorbereitungstreffens erklärte Richter Johann Krieten in seiner Urteilsbegründung die Zeugen für uneingeschränkt glaubwürdig und bezichtigte Verteidiger Matthias Wisbar, der die oben beschriebenen Vorgänge als Aktenmanipulation und Aussagekomplott bezeichnet hatte, der »anwaltlichen Brandstiftung«. Dieser hält dem entgegen: »Die versuchte Aktenmanipulation durch die Soko Schwarzer Block und die Berliner Beamten sowie das unter anderem an eindeutig erfundenen Aussagen erkennbare Aussagekomplott der Zeugen hätte zu einem Freispruch führen müssen. Wer konsequentes Verteidigerhandeln als ‚anwaltliche Brandstiftung‘ bezeichnet, zeigt eine zutiefst rechtsfeindliche und undemokratische Haltung und ist für das Amt des Richters ungeeignet.“

Während der Hauptverhandlung wurde weiterer E-Mail-Verkehr zwischen Soko und Polizeizeugen bekannt, der Hinweise auf die Bereitschaft zur Manipulation der Akte gibt.

Auszüge:

Soko-Ermittler an die Polizeizeugen: „Ich bitte euch wie besprochen mir einen Bericht zu schreiben, in dem ihr nochmal schriftlich darlegt, was ihr mir gestern alle telefonisch erzählt habt. … Ich habe meinen Bericht den ich geschrieben habe nicht beigelegt. Solltet ihr „Fragen“ haben meldet euch gerne und wir werden alles im Sinne der Sache regeln können.“ (Mail Soko-Ermittler L. vom 19.7.2017)

„Da Herr R. weiterhin in Haft ist, wäre ich euch sehr dankbar, wenn ihr eure Berichte zeitnah fertigen könntet um mögliche weitere Haftprüfungen zu „überstehen“.“ (Mail L. vom
25.7.2017)

„Moin ihr vier, Herr R. ist weiterhin in Haft. Anbei eine Mail der zuständigen Staatsanwältin. Die von ihr genannten Fragen erscheinen etwas sehr kleinteilig, aber je genauer wir (ihr) es darlegen könnt, desto eher ist die StA in der Lage auch einen bes. schw. Fall des Landfriedensbruch begründen zu können. Insofern bitte ich euch eure Berichte nochmals hinsichtlich der genannten Fragen zu betrachten und diese ggf. entsprechend anzupassen, sofern ihr zu den offenen Punkten Angaben machen könnt.“ (Mail L. vom 26.7.2017)