Abschlusserklärung zum G20-Prozess gegen 3 Angeklagte aus Berlin

Wir waren in Hamburg aus Gründen!

„Klappentext“

Wir wurden bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg
festgenommen und standen diesen Herbst (2018) zu dritt in Hamburg-Altona
vor Gericht wegen angeblicher versuchter Sachbeschädigung und
Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Nach drei Prozesstagen beendeten
wir den Prozess mit einem Deal mit der Staatsanwaltschaft, der zu einer
Einstellung führte. Wir wollen mit diesem Text anderen Soli-Gruppen
Informationen und unsere Diskussion zukommen lassen. Wir wollen uns bei
allen Unterstützer*innen herzlichst bedanken. Wir finden es sinnvoll und
notwendig zu erklären, warum wir den Deal angenommen haben. Wir stehen
nach wie vor gegen die Welt der G20 und erklären uns solidarisch mit den
Gefangenen und Angeklagten der G20-Treffen in Hamburg und Buenos Aires.

Wir waren in Hamburg aus Gründen!

„Klappentext“

Wir wurden bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg
festgenommen und standen diesen Herbst (2018) zu dritt in Hamburg-Altona
vor Gericht wegen angeblicher versuchter Sachbeschädigung und
Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Nach drei Prozesstagen beendeten
wir den Prozess mit einem Deal mit der Staatsanwaltschaft, der zu einer
Einstellung führte. Wir wollen mit diesem Text anderen Soli-Gruppen
Informationen und unsere Diskussion zukommen lassen. Wir wollen uns bei
allen Unterstützer*innen herzlichst bedanken. Wir finden es sinnvoll und
notwendig zu erklären, warum wir den Deal angenommen haben. Wir stehen
nach wie vor gegen die Welt der G20 und erklären uns solidarisch mit den
Gefangenen und Angeklagten der G20-Treffen in Hamburg und Buenos Aires.

*Wir waren in Hamburg aus Gründen*

Wir waren im Sommer letzten Jahres in Hamburg um gegen den Gipfel der
selbsternannten G20 und das System wofür sie stehen zu protestieren.
Jede*r war aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Gründen vor Ort und
es war offensichtlich, dass das an diesem Wochenende ausreichte um zum
Staatsfeind zu werden. Das gesamte „Arsenal“ der deutschen Bundespolizei
und darüber hinaus wurde ausgepackt um entschiedenen Protest zu
verhindern. Passend zu den autokratischen Gästen aus aller Welt und den
menschenverachtenden Zielen des Treffens wurde gar nicht erst versucht
sich an die eigenen rechtsstaatlichen Regeln zu halten. Das wurde nur
von den Protestierenden erwartet.

Wir wurden in der Nacht vom 06. auf den 07. Juli 2017 am Wochenende des
G20-Gipfels in der Nähe der Max-Brauer-Allee von Zivilbullen verprügelt
und festgenommen. Danach jede_r einzeln in Begleitung von je drei
Zivilbullen in verschiedene Reviere verbracht. Darauf folgten über 20
Stunden GeSa und noch einmal über 20 Stunden Knast. Fast zwei Tage
dauerte unsere Entführung. Dabei passierten Dinge, die wohl
selbstverständlich für das Justizsystem und den Knast sind; wir wurden
wiederholt beleidigt und mit Untersuchungshaft, also monatelanger
Gefangenschaft bedroht. Zunächst lautete der Vorwurf schwerer
Landfriedensbruch mit Mordabsicht.
Nach mehreren Monaten folgten Anklageschriften, in denen nur noch der
Verwurfder versuchtenSachbeschädigungvon zwei Mülltonnen gegen uns drei
erhoben wurde. Dazu einfacher Widerstand gegen eine Person und
Widerstand mit Waffe (angeblich ein Stein)gegen eine zweite Person. Bei
der dritten Person wurde der Vorwurf des Widerstandes nicht mehr vor
Gericht gebracht. Eine ältere Anwohnerin hatte die Festnahme beobachtet
und sich nach drei Tagen bei der Polizei gemeldet, da sie eine
Entführung vermutete. Sie sah, wie vermummte Männer einen anderen
Vermummten jagten und mit Teleskopschlägern verprügelten. Anschließend
wurde er in den Kofferraum eines zivilen Fahrzeuges geworfen und ein
Mann setzte sich auf ihn. Dann fuhr der Wagen los. Schade, dass die
Beamten nicht vor Gericht erklären wollten, was das sollte… Auch
schade, dass die Festnahmen der anderen beiden nicht von Anwohner*innen
beobachtet wurden. Denn vor Gericht zählen nur die Aussagen der Bullen
und dann wird aus verprügelt werden eben „Widerstand“.
Nachdem es in den anfänglichen Ermittlungen um einen besonders
schweren Fall des Landfriedensbruchs ging, wurden wir letztendlich
wegen versuchter Sachbeschädigung und Widerstands angeklagt.
Trotzder recht harmlosen Anklagehandelte es sich um einen Fall mit Bezug
zum G20-Gipfel und damit um einen politischen Fall.Wir waren auf alles
gefasst.
Wir standen seit dem 06. September 2018 in Hamburg-Altona vor Gericht.
Am ersten November wurde dieser Prozess nach drei Verhandlungstagen
eingestellt, weil wir einen Deal eingegangen sind. Wir wollen uns bei
allen bedanken, die uns auf dem Weg dahin unterstützt haben, und
erklären warum wir diesen Schritt gegangen sind.

*Der Prozess*
*1.****Prozesstag*

Der Prozess begann sehr gut für uns. Wir hatten eine Kundgebung vor dem
Gericht aufgebaut, wo wir frühstückten und Musik hören konnten. Es wurde
Info-Material ausgelegt.
Im Gegensatz zu den uns bekannten Berliner Gerichten, gibt es in
Hamburg-Altona keine Schleusen beim Eingang zum Gericht. Erst am Eingang
zum Saal werden die Besucher*innen von Justizbeamt*innen mit Detektoren
abgesucht. Die Richterin wartete stets bis alle Besucher*innen wieder im
Saal waren. Das dauerte am ersten Tag 20 Minuten. An allen Prozesstagen
war der Raum voll mit 36 Besucher*innen, wovon ca. 30 da waren um unszu
unterstützen.
Der eigentliche Prozess begann routinemäßig mit Personalienfeststellung
und Anklageverlesung.Darauf folgten unsere Prozesserklärungen. Jede*r
von uns hatte eine individuelle Rede verfasst, die erklärte, warum wir
eigentlich in Hamburg waren und was das Problem mit dem G20-Treffen in
Hamburg und der Repression ist. Sie können nachgehört oder nachgelesen
werden (Links einfügen). Danach wurde der erste Bullenzeuge Tenoth
aufgerufen.
Bevor dieser anfangen konnte, wurdedie Verwertung seiner Aussage in
Zweifel gezogen, da er sich seine Berichte durchgelesen hatte. Das
spielte auf ein Urteil des OLG Hamburg an, nach dem Vergewaltigungsopfer
keine Akteneinsicht mehr bekommen, da sich dadurch ihre Erinnerung
verfälschen würden. Dem wurde nicht stattgegeben, dafür begann das
nächste Geplänkel da Streifenbullen bewaffnet und in Uniform im Saal saßen.
Schließlich wurden die Streifenbullen des Saales verwiesen, da sich
Zuschauer*innen von ihnen und ihren Dienstwaffen bedroht fühlten.
Allerdings probiertedie Richterin ihre Anwesenheitnoch durch die Lüge zu
schützen, dass sie diesezur Unterstützung angefordert hatte. Vielleicht
war es die Aufdeckung dieserLüge der Richterin, dass der Prozess zu
unseren Gunsten lief. Aber dazu später mehr.
Gut zwei Stunden nach Prozessbeginn konnten nun Bullenzeuge Tenoth
beginnen undspann erstmal wild drauf los und erzählte die Legende von
der Kreuzung Max-Brauer-Allee, die festin der Hand vermummter“Chaoten“
gewesen sei. Steinplatten wurden zerschlagen und ganze vorbeifahrende
Bullenkonvois mit Steinen angegriffent. Es gab Männermit Hämmernund
vieles mehr. Zur Unterstreichung befördert er während seiner Aussage ein
Stück einer Gehwegplatteauf den Tisch, dass ein Kollegeeinen Tag später
(!)am Tatort aufgesammelt haben will.Der Stein befand sich nicht bei den
Asservaten, sondern diente dem PK21 als Erinnerungsstück auf der Wache,
oder eben als Theaterrequisite, wie in unserem Fall.Aber irgendwann
wurde dann doch klar, dass das gar nichts mit unserer Anklage zu tun
hatte. Zeitlich später will er die drei Angeklagten von dieser
Zusammenrottung weggehen gesehen haben. Er erzählte, was er gesehen
haben will. Es ging viel um Mülltonnen. Wir erfuhren,wen er wie oft
geschlagen hat und dass er sich mit dem Fahrrad gepackt hat.
Abgesehen davon war ganz interessant was er zur Gestaltung seines
Funkkontakts mit den anderen Bullen ausplauderte. Er benutzt keine Codes
und sagt seiner Aussage nach einfache Sätze wie „5 Störer Ecke Max
Brauer Allee“. Dabei sei es kein Problem 3-4 m entfernt zu stehen und
wenn Leute ihn auf dem Schirm hätten, müsse er sich Legenden einfallen
lassen. Ansonsten wird Funkkontakt getarnt, in dem z.B. getan wird, als
ob dem Kollegen etwas ins Ohr geflüstert wird.Die Ziften waren zu zweit
und mit Fahrrädern unterwegs, die sie zusammen abschlossen und sie
hatten größere Pfefferspray-Flaschen in ihren Rucksäcken.

*2.****Prozesstag*

Wieder gabeseine Kundgebung mit Frühstück und Infomaterial und somit
einen Ort um sich vor Verfahrensbeginn zu treffen. Zuerst wurde der
erste zivile Zeuge verhört, ein Anwohner aus dessem Wohnhaus eine
Mülltonne versucht wurde anzuzünden. Er erstattete keine Anzeige, da die
Mülltonne nicht kaputt gewesen sei, sondern nur minimale Ruß- und
Schmelzspuren aufwies. Nachdem der Zeuge fast fertig ausgesagt hatte und
nicht so ganz klar war, ob er jetzt etwas gesehen hatte oder nicht,
wurde ein Zivibulle enttarnt, der als Zuschauer mit im Gerichtssaal saß.
Der Zivibulle behauptete zuerst als Privatperson da zu sein. Als er in
den Zeugenstand gerufen werden soll, fällt ihm dann doch ein, dass ihn
sein Vorgesetzter geschickt hatte. Der Zivibulle Cordes ist
stellvertretender Dienststellenleiter des PK21, dem Abschnitt von dem
auch die aussagenden Bullen kommen. Ab diesem Punkt war der geplante
Prozessablauf über den Haufen geworfen und den Rest des Tages wurde
Cordes von unseren Anwält*innen, aber auch der Staatsanwältin und der
Richterin in die Mangel genommen. Nachdem er eine Aussagenehmigung von
seinem Chef bekommen hatte, beginnt er eine Märchengeschichte zu
erzählen, dass er zu Fürsorgezwecken im Gerichtssaal sei. Diese Fürsorge
für die aussagenden Bullen sei bei belastenden Prozessen und vor allem
Kapitalverbrechen üblich. Darauf hingewiesen, dass es bei uns um
versuchte Sachbeschädigung geht, behauptet er einfach, die Befragung von
Bulle Tenoth am ersten Tag sei so belastend gewesen. (Ein klares Lob an
unsere Anwält*innen.) Kurz darauf gibt er dann doch zu, dass schon die
zwei Streifenbullen am ersten Prozesstag vom PK21 entsendet wurden und
das nicht von der Richterin angefragt wurde. Woraufhin diese etwas
blamiert dreinschaute. Diese zwei waren allerdings aus privatem
Interesse im Gerichtssaal. Es folgt eine intensive Befragung über die
internen Vorgänge im PK21 und der Versuch durch unsere Anwält*innen
aufzuzeigen, dass die Bullen probieren Einfluss auf den Prozess
zu nehmen und Aussagen abzustimmen. Die Staatsanwält*in sieht das
natürlich nicht so, muss aber einräumen, die Sache habe „Geschmäckle“.
Zum Schluss wird der Bulle von der sichtbar genervten Staatsanwältin
darauf hingewiesen, dass er seinem Chef heute keinen Bericht geben
dürfe, da dieser am nächsten Prozesstag als Zeuge geladen werde, und die
ganze Affäre insgesamt sehr ungünstig sei. Sie sagt: „Die Polizei sollte
sich aus solchen Sachen raushalten.“

*3.****Prozesstag*

Vor dem Gericht gab es wieder unsere Kundgebung.
Zu Beginn des drittenProzesstages wurden uns Prozessbeihilfen genehmigt.
Das heißt, unsere Anwaltskosten werden vom Staat übernommen, da der
Prozess durch die Bullen unnötig verkompliziert wurde.
Dann warder Dienstellenleiter vom PK21 Herr Niebeling an der Reihe.Er
wurdevor allem zu seiner Politik Polizeibeamte in den Gerichtssaal zu
entsenden,befragt. Er legteeinen betont arroganten Auftritt hin und
wandtsich, wie zu erwarten, aus den wichtigen Fragen heraus. Das einzig
wirklich Interessante, das der Bulle Niebeling an diesem Tag sagte, war,
dass es völlig normal sei, bei G20-Prozessen Polizeibeamte mit in den
Gerichtssaal zu schicken. Natürlich ausschließlich zu „Fürsorgezwecken“.
Das löste bei der Staatsanwältin Kopfschütteln aus und sie begann
hektisch in ihrem Werk der Strafprozessordnung zu wühlen.
Nachdem es nun fast zwei ganze Prozesstage lang fast ausschließlich um
die internen Abläufe im PK21 gegangen war und ihre Praxis
Prozessbeobachter*innen zu schicken und wie diese womöglich und
tatsächlich Einfluss auf die anderen Bullenzeugen nehmen, sagte noch der
Bulle Rolfes aus. Der Bulle konnte allerdings nichts Neues berichten.
Einzig seine Aussage:“Wenn wir können, schlagen wir zu!“,sollte uns im
Gedächtnis bleiben.

*Der Deal*

Wir haben für diesen Deal eine Erklärungvon zwei Zeilen Längeabgegeben,
dass wir „den Vorwurf der versuchten Sachbeschädigung einräumen und dem
Vorwurf des Widerstands nicht entgegentreten werden.“
Dazu mussten wir insgesamt 1.500 Euro an die Staatskasse bezahlen.
Im Gegenzug wurde das Verfahren eingestellt. Alle weiteren
Prozesstermine und eine mögliche Revision entfielen. Die Prozesskosten
und unsere Anwaltskosten trägt die Staatskasse.Die Initiative dazu ging
von unseren Anwält*innen aus.
Es war nach unserem damaligen Wissensstand dererste eingestellte Prozess
im Zusammenhang mit den Prozessen nach dem G20-Gipfel.
(Mittlerweile verbreitet die Pressestelle des Hamburger
Oberlandesgerichts die Zahlen über 100 Urteile mit 8 Freisprüchen und 9
Einstellungen. Dabei wird aber nicht gesagt, ob Prozesse gegen Bullen
mitzählen.
https://www.abendblatt.de/hamburg/g20/article215980115/Hamburger-Polizei-weitere-G20-Oeffentlichkeitsfahndung.html)
Wir sind uns bewusst, dass es nicht per se gut ist, Deals mit dem Staat
zu machen. Deswegen wollen wir an dieser Stelle schreiben, was uns dazu
bewogen hat, ihn einzugehen. Was sprach dafür und was dagegen?
Ganz ehrlich,zunächst sind wir erleichtert, dass der Massel vorbei ist.
Wir waren priviligiert, wir haben tolle Freund*innen um uns herum, die
uns unterstützt haben, sowohl emotional, als auch strukturell und
finanziell. Trotzdem ist es eine extreme Belastung neben dem normalen
Alltag noch alle zwei Wochen nach Hamburg zu fahren um dort gut
vorbereitet einen Prozess zu führen. Jedes Mal müssen Fahrt,
Übernachtung, Kundgebung usw. organisiert werden. Und den gleichen
Stress haben dann auch noch die eigenen Freund*innen. Die Verlockung ist
also groß, einen Prozess nicht um jeden Preis fortzuführen.Sondern nur
dann, wenn es unumgänglich oder etwas zu gewinnen ist.

*Entscheidungsfindung*

Da wir nicht alleineden Prozess bestritten haben, wollten wir die
Entscheidung auch nicht alleine fällen. Vor der Annahme des Deals haben
wir Rücksprache mit unserer Soli-Gruppe und einigen Freund*innen
gehalten und die Meinung der Anwält*innen eingeholt.

*Dafür*

Dafür sprach, dass es vorbei ist und wir nicht mehr nach Hamburg
mussten. Die Kiste ist komplett zu. Es gibt keine Revision und keine
Erweiterung, Wiederaufnahme oder sonstiges.
Wir mussten kein Reue zeigen. Wir wurden nicht verurteilt obwohl wir
erklärt haben, wir hätten die Tat begangen. Es ist im Nachhinein billig
zu sagen, aber wir hätten nicht jeden Deal angenommen. Wer weiß, wie das
ausgesehen hätte, wenn uns Haftstrafen gedroht hätten, aber uns nicht zu
distanzieren war eine rote Linie von uns.
Die Initiative ging von Seiten unserer Anwält*innen aus, aber im Gefühl
der Stärke. Es lag an unserer konflikthaften Prozessführung und der
peinlichen Show der Bullen, dass wir diesen Deal erreicht haben.
Wahrscheinlich lag es sogar an unserem Druck, dass die Bullen überhaupt
Fehler gemacht haben. Wichtig war, dass wir ihre Anwesenheit von Anfang
an skandalisiert haben. Dass unsere Anwält*innen es nicht als normal
hingenommen haben. Dass wir Berichte geschrieben haben und Presse
dazugeholt haben. Es war der Staatsanwältin sichtbar peinlich jeden
Prozesstag Bullen aus dem Saal schmeißen zu müssen. Aber wir wissen
nicht, wie lange dieser Eindruck gehalten hätte und ob nicht Richtung
Ende des Prozesses die Spannung abgefallen wäre.
Am Ende entscheidend war sicherlich auch der Fakt nicht zur DNA Entnahme
gezwungen werden zu können. Wie es in vielen uns bekannten G20-Verfahren
gelaufen ist und die frisch Verurteilten, direkt nach Verfahrensende zur
Entnahme mitgenommen wurden.Wir empfinden diese Praxis als einen
unglaublich repressiven Schritt dieses Staates im Nachgang des G20.
Dieser reiht sich in eine Folge von seit G20 häufiger angewandten
Techniken,die allesamt gegen Persönlichkeitsrechte von nach geltendem
Rechtsverständnis eigentlich unschuldigen Personen verstoßen. Wir
verurteilen dies zutiefst und freuen uns gleichzeitig gerade nochmal
drum herum gekommen zu sein.
Dazu kommt,dass wir aus Gründen in Hamburg waren und das nun auch
hinterher nicht bestreiten müssen.
Wir haben uns an den Protesten gegen die G20 an diesem Freitag beteiligt
und müssen das hinterher nicht leugnen, denn der Protest war notwendig
und verfolgt werden können wir dafür nicht mehr. Wir haben schonwährend
des Verfahrens und in den Texten, die wir eröffentlicht haben,nie
versucht,uns in Unschuld zu waschen. Wir brauchen uns nicht vor einem
Staat zu rechtfertigen, der hilft, dass Menschen im Mittelmeer
ertrinken, Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden, Menschen ohne
Obdach sind oderderNazistrukturen gleich direkt finanziert und deckt. Um
nur wenige Beispiele zu nennen.

*Dagegen*

Wir wissen auch was wirklich vorgefallen ist, an diesem Freitag als wir
von den Zivis vom PK21 verhaftet wurden. Wie einer von uns gejagt und
verprügelt wurde und dann von zwei Zivten in den Kofferraum eines
kleinen PKW verpackt wurde und sich der eine Bulle draufsetzte. Und wir
wissen auch aus den Bullenakten wie er natürlich zunächst wegen
Widerstand gegen die zwei Bullen angezeigt werden sollte. Was wir auch
wissen und was Bullen und Staatsanwältin vertuschen wollten, ist , dass
sich daraufhin eine Anwohnerin als Zeugin meldete und eine Entführung
anzeigen wollte, weil sie sich einfach nicht sicher wahr wer hier wenn
verprügelt und in den Kofferraum geworfen hat. Und bumms wird in der
Anzeige nix mehr von Widerstand des einen Angeklagten geschrieben, und
auf Nachfrage einer Anwältin im Gericht was mit betreffender Zeugin sei,
antwortet die Staatsanwältin unverblümt. dass das ja nicht mehr Teil des
Prozesses sei. So kann man sich seine Rechtstaatlichkeit auch
zurechtlügen. Diese Widersprüche wären sicherlich interessant gewesen
weiter aufzuklären, aber wäre es wirklich möglich gewesen und was hätte
es geändert? Wird sich eine Staatsanwältinoder eine Richterinändern,
weil man ihnenihre Doppelmoral vorhält? Und ändert das etwas an der
Auffassung dieser Gesellschaft von Recht und Gerechtigkeit?

*Fazit*

Wir sehen, es sprachen für uns mehr und vor allem die besseren Gründe
für das Eingehen des Deals. Wir glauben, wir haben das Bestmögliche
erreicht, was für uns vor diesem Gericht möglich war. Wir haben keine
Verurteilung. Wir haben keine Reue gezeigt, niemand anderen belastet
oder uns von unseren Taten distanziert. Wir konnten zeigen, warum wir
getan haben, was wir taten und sind erhobenen Hauptes aus der Sache
heraus gegangen.
Vielleicht wäre auch ein Freispruch möglich gewesen, doch ein möglicher
Freispruch hätte zunächst drei weitere Verhandlungstage bedeutet und
zudem auch noch sehr wahrscheinlich eine Revision nach sich gezogen. Das
wäre sehr aufwendig und zudem auch noch teuer und hätte das Risiko doch
mit einer Strafe zu enden. Politisch hätten wir aber kaum mehr sagen
können, als wir schon gesagt hatten. Und dann stellt sich die Frage:
wozu? Selbstverständlich haben wir nicht die ganze Bäckerei bekommen und
noch nicht einmal das Rezept. Aber das war auch nicht zu erwarten. Wir
waren Teil eines politischen Prozesses, bei dem vor allem die Polizei
mit extrem hohem Verurteilungswillen aufgetreten ist. Das Spielfeld und
die Spielregeln vor Gericht sind rundweg vom Staat gemacht. Es ist aus
unserer Sicht wichtig unsere Kraft und Energie in den Gerichtssaal zu
stecken, um Menschen nicht alleine zu lassen mit der allmächtig
wirkenden Justizbürokratie und unseren Leuten die Kraft zu geben zu
ihrer Meinung zu stehen und nicht zu zerbrechen. Es ist aber aber ab
einem Punkt auch notwendig zu reflektieren, dass sie dann an anderen
Ecken fehlt. Wir hatten Bock wieder andere Kämpfe zu führen, wo wir
glauben mehr erreichen zu können, als vor den Gerichten Hamburgs.

Das Zustandekommen des Deals ist vor allem der Verdienst der unglaublich
dreisten, allerdings auch unglaublich dummen Bullen vom PK21 und dass
wir dieses Verhalten skandalisieren konnten. Einerseits durch unsere
Anwält*innen, die gut verbereitet waren und gut reagiert haben, als auch
durch etwas Pressearbeit und eigene Veröffentlichungen.
Wie die Bullen mit völliger Unverfrorenheit von Fürsorgearbeit für ihre
Kollegen sprechen. Vor Gericht sagt der stellvertretene
Dienststellenleiter, nachdem er von Zuschauer*innen enttarnt wurde,
privat im Gerichtssaal zu sitzen um im Rahmen der „Krisenintervention“
seinem Kollegen emotional aushelfen zu wollen. Die versuchte
Einflußnahme auf Gerichtsprozesse durch die Bullen ist wahrscheinlich
auch außerhalb von G20-Verfahren an der Tagesordnung, sie zeigt sich in
unserem Fall allerdings in ihrem vollen Ausmaß. Berichte, die gemeinsam
geschrieben wurden, Vorgesetzte die nach dem Prozess sich mit den
aussagenden Bullen abstimmen, womöglich um die nächsten Zeugen
vorzubereiten. Das alles hat es in diesem Fall gegeben, aber es scheint
auch fast niemanden mehr zu wundern. Einzig die taz lässt sich zu kurzen
Artikeln hinreißen, aber es scheint zu sehr Normalität an den Gerichten
zu sein, um wirklich zu erschrecken (http://www.taz.de/!5546941/
https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5540306&s=Zivi/
)
Wie dem auch immer sei, ihr unbedingter Verurteilungswillen ist der
Hamburger Polizei nun auf die Füsse gefallen. Und nach dem dritten
Prozesstag haben wir den Deal vorgeschlagen und bekommen. Die Frau
Staatsanwältin konnte das Gelüge der Bullenkollegen wohl auch nicht mehr
ertragen. Und weshalb das Ganze? Wegen dem Versuch Mülltonnen anzuzünden?!