Erneut unerwünschte Besuche des Verfassungsschutzes in Hamburg

Am Mittwoch, den 09. März 2022 war der Verfassungsschutz mal wieder in Hamburg unterwegs, um zwei Genossen für eine Mitarbeit anzuwerben bzw. um über sie an Infos zu kommen.

Der erste Anquatschversuch fand am frühen Vormittag in Barmbek statt. Dort wurde ein Genosse auf der Straße namentlich von einem Schnüffler angesprochen. Letzterer war ca. 45-50 Jahre alt, hatte graue Haare und eine St.Pauli-Mütze auf, Stoppelbart, war ca. 1,70m groß und trug eine graue Jacke. Er stellte sich direkt als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes vor und zeigte einen entsprechenden Ausweis (sein scheinbar transparentes Auftreten endete jedoch, als der Genosse ihn fragte, ob er ihn fotografieren dürfe). Der Schnüffler unterstellte dem Genossen, an einer Plakatieraktion beteiligt gewesen zu sein und wollte wissen, welche Abkürzung sich hinter einem auf den Plakaten verwendeten Kürzel verberge. Gleichzeitig bot er ihm Geld für diese Information an, unter dem perfiden Vorwand, dass der Genosse dieses doch sicherlich gut für seine Aktivitäten gebrauchen könne. Selbst nach erstem Abblocken des Gesprächsversuchs ließ der Schnüffler nicht locker. Er versuchte ein weiteres Mal, den Genossen in ein Gespräch zu verwickeln und lief ihm hierfür nach. Nach einer weiteren, bestimmten Absage, ließ er dann ab und verschwand.

Der zweite Besuch fand mittags in Harburg statt. Dort tauchte ein Mann (etwa 1,65-1,70m groß, zwischen 25 und 30 Jahren alt) beim Vater eines Genossen auf. Er stellte sich an der Haustür als Freund desselben vor. Er fragte nach der Telefonnummer des Genossen und wollte wissen, ob dieser auch hier wohne. Der Vater hat das Gespräch abgeblockt und den Schnüffler abgewiesen. Es ist sicher, dass es sich in diesem Fall nicht um einen verwirrten Bekannten des Genossen handelt.

In beiden Fällen waren jüngere Genossen Ziel der VS-Besuche. In beiden Fällen traten die VSler alleine auf.
Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine koordinierte Aktion des VS handelte. Die beiden Besuche reihen sich ein in mehr oder weniger regelmäßig stattfindende und bekannt gewordene Anwerbe- und Einschüchterungsversuche des Verfassungsschutzes im Raum Hamburg in der jüngeren Vergangenheit. Diese Versuche richteten sich relativ breit gegen Menschen unterschiedlichen Alters und politischer Biographie, die der VS unterschiedlichen politischen Kontexten zurechnet.

Der VS ist der politische Inlandsgeheimdienst Deutschlands. Anquatschversuche dienen ihm dazu, an Informationen über politische Zusammenhänge, d.h. Strukturen, Personen und Aktionen zu gelangen. Was mit einem scheinbar unverfänglichen Gespräch anfängt, mündet schnell im Anwerben für Spitzeltätigkeiten. Ebenso sollen sie der Einschüchterung der Betroffenen und ihres Umfeldes dienen.

Die beschriebenen Einsätze verfolgten offensichtlich bereits unterschiedliche Stoßrichtungen. Einmal wurde versucht, den Genossen auf der Straße zu überrumpeln, sich offensiv zu präsentieren, ihn mit Aktionen in Verbindung zu bringen und ihn zugleich mit Geld zu ködern. Im anderen Fall sollte klar sein: der Geheimdienst hat andere Wege, um Telefonnummer und Wohnort des Genossen in Erfahrung zu bringen. Hier sollen eventuell mögliche Gesprächsbereitschaft von Verwandten ausgetestet und Unruhe gestiftet werden. Erfreulicherweise war es unterm Strich ein weiterer erfolgloser Tag für den VS.

Lasst die Kontakt- und Anquatschversuche des VS ins Leere laufen, indem ihr jedes Gespräch verweigert! Ihr seid dem VS gegenüber zu keinen Aussagen verpflichtet. Solltet ihr von einem Anquatschversuch betroffen sein, verfasst ein Gedächtnisprotokoll mit Personenbeschreibung, sprecht es in eurem politischen Umfeld an und wendet euch an die Antirepressionsgruppen vor Ort (wie der Roten Hilfe und/oder dem Ermittlungsausschuss). Nur durch die Veröffentlichung von Anquatschversuchen könnt ihr euch selber und andere schützen.
Keine Kooperation mit Repressionsbehörden!

Weitere Informationen zum Umgang mit Anquatschversuchen: https://hamburg.rote-hilfe.de/rechtshilfe/anquatschversuche/