Pressemitteilung: Massive staatliche Repression in Kopenhagen!

Als Gastgeber der bislang größten Konferenz der Vereinten Nationen, bei der unter dem Titel „15th United Nations Climate Change Conference (COP15)“ seit 10 Tagen mehr als 10.000 Delegierte aus über 190 Ländern ergebnislos über den so genannten Klimawandel diskutieren, hat das Königreich Dänemark seinen Repressionsapparat gegen den auf die Straße getragenen antikapitalistischen Protest in Stellung gebracht: in Form von eigens zu diesem Anlass verabschiedeten Gesetzen. Die Folge davon waren nicht nur die – bei solchen
Anlässen alltäglich gewordenen – Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch das obligatorische Außerkraftsetzen des Schengener Abkommens und die internationale Zusammenarbeit polizeilicher Einsatzkräfte, sondern auch weit über 1200 meist präventive Ingewahrsamnahmen von Politaktivist_innen sowie die
Erstürmung der Freien Stadt Christiania.
Die meist ohne konkreten Vorwurf Festgenommenen wurden – ganz in der deutschen Repressionstradition des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm – in Käfigen in einer Lagerhalle eingesperrt, wobei den Betroffenen oftmals nur ein Quadratmeter pro Person zur Verfügung stand. Anwältinnengespräche und Telefonate wurden nicht erlaubt; nach lautstarken Protesten setzte die dänische Polizei Reizgas in der Halle ein, wie Betroffene berichteten.

Allein am Samstag, den 12.12.2009, wurden über 900 Menschen in Gewahrsam
genommen und müssen nun teilweise bis zum 04.01.2010 in U-Haft sitzen bleiben.
Viele der Festgehaltenen wurden von der Polizei dazu gezwungen, stundenlang
gefesselt auf vereistem Boden auszuharren, bevor sie in Gefangenensammelstellen
verbracht wurden.

Bei dem von Räumpanzern, Wasserwerfern und Tränengasbeschuss begleiteten
quasi-militärischen Angriff auf die im Herzen Kopenhagens gelegene Freie Stadt
Christiania wurden in der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember mehrere Menschen
verletzt.

Die Abschlusskundgebung der angemeldeten Demonstration der Aktion „Reclaim
Power! Pushing for Climate Justice“ wurde gestern gegen 12:00 Uhr von der
dänischen Polizei mit Pfefferspray und Knüppeleinsatz attackiert. Der
Lautsprecherwagen wurde konfisziert und die Sprecherin von Climate Justice
Action, Stine Gry Jonassen vom Mikrophon weg verhaftet. Zuvor war ein anderer
Sprecher die Nichtregierungsorganisation festgenommen und dem Haftrichter
vorgeführt worden, weil er zu Gewalt gegenüber Polizist_innen aufgerufen haben
soll.
Diesen Festnahmen waren umfangreiche Überwachungsmaßnahmen gegen diese und
andere Klimaaktivist_innen vorausgegangen, wie sich bei einem ersten Blick in
die Ermittlungsakten zeigte: zahlreiche Vorwürfe beruhen auf abgehörten
Handygesprächen und abgefangenen SMS.

Die Rote Hilfe e.V. protestiert gegen diese massive staatliche Repression in
Dänemark, mit der versucht werden soll, kritischen Stimmen den Garaus zu machen
und außerparlamentarischen und nicht-staatlichen Widerstand gegen die
Unzumutbarkeiten des globalen kapitalistischen Systems im Keim zu ersticken.

Wir werden unsere Genoss_innen mit der Repression nicht alleine lassen werden.
Freiheit für alle politischen Gefangenen in Kopenhagen!

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.

Weitere Prozesstermine rund um’s Antiracamp

Neue Prozesstermine: Di., 24. November; Di., 8. Dezember; Di., 15. Dezember; Do., 17. Dezember jeweils um 8:00 Uhr im Plenarsaal (Raum 300), Sievekingplatz 3, Strafjustizgebäude, 20355 Hamburg.

„Chaos-Randale am Flughafen“

… betitelte die Bildzeitung ihren Artikel über die Abschlussdemo des letztjährigen Antira-Camps in Hamburg und war damit mal wieder so weit von der Realität entfernt wie nah am Polizeibericht. Da von Randale keine Spur war, muss den zahlreich anwesenden Polizeibeamt_innen wohl reichlich langweilig geworden sein. Ein Mitglied der Einsatzleitung entschloss sich jedenfalls, eine Person aufgrund eines am „Befehlskraftwagen“ angebrachten Aufklebers wegen Sachbeschädigung (!) festzunehmen.

Weil der Festnahmeversuch für den Polizisten dort endete, wo sonst in der Regel nur Demonstrant_innen landen, nämlich auf dem Boden, hat das Ganze nun ein juristisches Nachspiel. Über die durchaus spannenden Fragen, was der Polizist in der Demo überhaupt zu suchen hatte und wie er darüber hinaus noch auf die Idee kommen konnte, jemanden wegen eines Aufklebers tätlich anzugreifen, wird leider wohl nicht verhandelt werden. Stattdessen sind fünf Antirassisten wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand angeklagt, da sie den Beamten gemeinschaftlich verprügelt haben sollen.

Die Verhandlung verspricht auch deshalb interessant zu werden, weil einer der Hauptbelastungszeugen, der Leiter der Hamburger Bereitschaftspolizei, Hartmut Dudde, Prügeln sonst keineswegs ablehnend gegenüber steht. Im Gegenteil: „Heute fangen wir mal an. Haut mal schön rein“, soll Dudde seinen Untergebenen laut der taz beim Schanzenfest im Juli 2009 gesagt haben (siehe http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/1/ueberzeugungstaeter-stoppen). Dementsprechend ist er in Hamburg kein Unbekannter und selbst die taz kommt zu der Einschätzung: „Polizeiführer wie […] Hartmut Dudde sind Überzeugungstäter. Sie wissen genau, was sie nicht dürfen – und sie tun es dennoch.“ Mit solch unsympathischen Gestalten wollen die Angeklagten nicht alleine gelassen werden, sondern freuen sich stattdessen auf viele Freund_innen und Genoss_innen, die sie auch vor Gericht unterstützen. Deshalb: Kommt zum Prozess!

Neue Prozesstermine: Di., 24. November; Di., 8. Dezember; Di., 15. Dezember; Do., 17. Dezember jeweils um 8:00 Uhr im Plenarsaal (Raum 300), Sievekingplatz 3, Strafjustizgebäude, 20355 Hamburg.

Presseerklärung des Bundesvorstands: Strasbourg – Politisches Urteil gegen Anti-NATO-Aktivisten!

Bei den Protesten gegen den NATO-Gipfel, der Anfang April in Strasbourg und Kehl
stattfand, ging die Polizei insbesondere auf der französischen Seite mit
brutaler Härte gegen DemonstrantInnen vor. Durch massive Tränengas- und
Knüppeleinsätze wurden Hunderte von NATO-GegnerInnen verletzt, Dutzende wurden
festgenommen. In mehreren Schnellverfahren, die eine sinnvolle Verteidigung
praktisch unmöglich machen und sämtliche rechtsstaatlichen Grundsätze komplett
über Bord werfen, wurden Haft- und Bewährungsstrafen verhängt, darunter auch
gegen mehrere aus Deutschland stammende Aktivisten.

Nach mehreren Prozessen gegen zum Teil schon seit Monaten in U-Haft sitzende
Aktivisten ging nun am 16.11.2009 vor dem Tribunal de Grande in Strasbourg der
Prozess gegen zwei Rostocker zu Ende. Das Urteil: Jeweils eine Haftstrafe von
vier Jahren, von der nur ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt ist.

Ihnen war vorgeworfen worden, während der Proteste gegen den mit massiver
Staatsgewalt durchgesetzten NATO-Gipfel die Zollstation auf französischer Seite
in Brand gesetzt zu haben. Obwohl den 18- und 21-Jährigen zu keinem Zeitpunkt
nachgewiesen werden konnte, Urheber dieses Zollstationsbrandes gewesen zu sein,
legte das Gericht bei der so genannten Beweisaufnahme den justiziellen Fokus auf
die Bewertung der zum Tatzeitpunkt festzustellenden Gesamtumstände. Um daraus
nach kurzer Verhandlungsdauer den Schluss zu ziehen, dass das von den beiden
Angeklagten eingeräumte affektartige Anzünden eines Holzteils (im bereits
brennenden Gebäude) Menschen in Gefahr gebracht habe. Zum Zeitpunkt des Brandes
befanden sich aber keine Personen im Gebäude; außerdem verwehrte die
französische Polizei der Feuerwehr die Zufahrt zum Löschen.

Bei diesem ganzen Schauprozess, der von einseitiger Beweiswürdigung geprägt war,
ist mehrfach deutlich geworden, dass der politische, von höchster Stelle
abgesegnete Wille, das bisher härteste Urteil zu sprechen, judikativ
durchgesetzt werden sollte, um die linke GegnerInnenschaft zu imperialistischen
Kriegen per se zu kriminalisieren und die Anti-NATO-Protestkultur als ganze zu
diskreditieren. Besonders offensichtlich wurde dies in den
verschwörungstheoretisch basierten Vermutungen des zuständigen Staatsanwalts,
dass hinter der Tat der beiden Rostocker eine kriminelle Vereinigung stecke,
bei der es sich um den „Black Block“ handle…

Die beiden Rostocker Genossen sind zwei weitere Sündenböcke, die der
französische Staat braucht, um sich als Mitveranstalter des
NATO-Jubiläumsgipfels nachträglich in ein besseres Licht rücken und sich
fürderhin als Kontrollmacht präsentieren zu können, die die Aufrechterhaltung
von Sicherheit und Ordnung letzten Endes doch im Griff hat. Außerdem fiel
dieses politische Urteil auch deswegen so hoch aus, „um der in diesem Fall
gegen eine unbekannte kriminelle Gruppe ermittelnden Rostocker
Staatsanwaltschaft im Nachhinein noch eine juristische Rechtfertigung für deren
völlig überzogene Ermittlungsmethoden zu liefern. Derzeit lässt die Rostocker
Staatsanwaltschaft Zwangsgeld verhängen und droht einzelnen
FriedensaktivistInnen mit Zwangshaft, um die TeilnehmerInnenliste der Busreise
nach Strasbourg zu bekommen.“ (aus der Presseerklärung des Legal Team)

Die Rote Hilfe ist entsetzt über dieses Gesinnungsurteil und fordert die
sofortige Freilassung aller inhaftierten Aktivisten und die Einstellung aller
noch laufenden Verfahren!
Wir werden der staatlichen Repression unsere stärkste Waffe entgegensetzen: die
Solidarität.
Unterstützt die politischen Gefangenen und alle Angeklagten durch
Öffentlichkeitsarbeit, Spenden und Soli-Aktionen!

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.

Pressemitteilung des Legal Team Strasbourg vom 17.11.2009

Wir dokumentieren eine Pressemitteilung des Legal Team Strasbourg:

Überaus hartes Urteil gegen NATO-Gipfelgegner in Strasbourg
Massives Vorgehen der Repressionsbehörden in Rostock gegen Friedensaktivisten

Mit einer überaus harten Haftstrafe von 4 Jahren, von der nur 1 Jahr zur Bewährung ausgesetzt wurde, ging der gestrige Prozess gegen 2 Rostocker Kriegsgegner vor dem Tribunal de Grande Instance in Strasbourg nach kurzer Verhandlungsdauer zu Ende. Den 18- und 21-jährigen wurde vorgeworfen, während der Demonstration gegen den NATO-Gipfel die Zollstation angezündet zu haben. Während der Tatverlauf selber unstrittig war, da die beiden zugaben, in einem anderen Gebäudeteil der schon brennenden Zollstation auch einen Brand gelegt zu haben, ging es bei der Beweisaufnahme um die Bewertung der Gesamtumstände. Dabei kam deutlich der Wille des Staatsanwaltes zum Ausdruck, hier ein hartes Urteil zu bekommen, um Kriegsgegner zu diskreditieren. So wurde ohne Angabe von Beweisen unterstellt, durch den Brand des Gebäudes seien Menschen in Gefahr gebracht worden.

Zum Zeitpunkt des Brandes befanden sich aber keine Personen im Gebäude. Tatsächlich nicht untersucht wurde die immer wieder gestellte Frage, warum damals die französische Polizei der Feuerwehr die Zufahrt zum Löschen verwehrte. Auch die Aussage des einen Angeklagten, dass die Jugendlichen keiner organisierten politischen Gruppe angehörten, wurde nicht zur Kenntnis genommen. Ebenso wenig, dass in dem Bus, in dem sie nach Strasbourg gereist waren und der vom Rostocker Friedensbündnis organisiert wurde, zudem noch während der Anreise für den explizit gewaltfreien Protest geworben wurde. Stattdessen erging sich der Staatsanwalt in Vermutungen, dass hinter der Tat der beiden Rostocker eine kriminelle Vereinigung steckte; mehrmals erwähnte er dabei das Phantom Black Block, um möglichst viel kriminelle Energie in die Situation hineinzudichten.

Das Legalteam ist entsetzt über dieses politisch motivierte Urteil und die einseitige Beweiswürdigung. Der Richter hat die Aussagen der Jugendlichen nicht berücksichtigt, die im schon brennenden Gebäude ein weiteres Holzteil mehr affektartig anzündeten; in einer für sie schwierigen Situation der direkten Wahrnehmung von eskalierender Polizeigewalt mit Tränengas. In der Schnelle konnten sie die Folgen nicht abschätzen und den eventuellen Vorwurf einer Brandstiftung in Betracht ziehen. In ihrem Schlussplädoyer bereuten sie ihre Tat, was aber auch im Urteil nicht berücksichtigt wurde. Wir haben den Eindruck, dass hier zwei junge Menschen die traumatisierende Erfahrung des Knastalltags erleben müssen und um ihre Ausbildungsstelle gebracht und aus der Abiturprüfung herausgerissen wurden, weil zwei Sündenböcke für die unpassenden Geburtstagsbilder des NATO Gipfels her mussten. Deren Leben und Zukunftsperspektiven werden für eine Tat beeinträchtigt, die unter nicht politisch motivierten Bedingungen, zumal bei Ersttätern, deutlich geringer bestraft würde.

Das Legal Team kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses politische Urteil auch deswegen so hoch ausfiel, um der in diesem Fall gegen eine unbekannte kriminelle Gruppe ermittelnden Rostocker Staatsanwaltschaft im Nachhinein noch eine juristische Rechtfertigung für deren völlig überzogene Ermittlungsmethoden zu liefern. Derzeit lässt die Rostocker Staatsanwaltschaft Zwangsgeld verhängen, und droht einzelnen FriedensaktivistInnen mit Zwangshaft, um die Teilnehmerliste der Busreise nach Strasbourg zu bekommen. Nur mit einem möglicherweise hoch zu bestrafenden Anlassverfahren, dürfen solche Zwangsmassnahmen überhaupt eingesetzt werden. Offensichtlich will der Rostocker Oberstaatsanwalt Peter Lückemann das Verfahren in Strasbourg nutzen, um die linke Szene in Rostock zu durchleuchten. Dagegen gingen schon am Wochenende 500 Menschen in Rostock auf die Strasse. Am Donnerstag sind weitere Zeugenvernehmungen durch die Staatsanwaltschaft angesetzt.

Presseerklärung des Bundesvorstands:

ARD erteilt linker Bundestagsabgeordneten Auftrittsverbot wegen ihrer Mitgliedschaft in der Roten Hilfe e.V.

Die Talkshow „Anne Will“ wird am morgigen Sonntag ohne die ursprünglich
eingeladene Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen stattfinden. Die Redaktion
teilte der migrationspolitischen Sprecherin der Linken Bundestagsfraktion mit,
Grund für ihre Ausladung sei ihre Mitgliedschaft in der strömungsübergreifenden
linken Solidaritätsorganisation „Rote Hilfe e.V.“
Sevim Dagdalen war ursprünglich als Podiumsteilnehmerin eingeladen worden, um
über die Integrationschancen von Migrantinnen und Migranten in der BRD zu
diskutieren.
Die Diskussion wird nun ohne eine Bundestagsabgeordnete mit
Migrationshintergrund statt. Diese sind in der bundesrepublikanischen Politik
ohnehin rar gesät: Mit 20 Bundestagsabgeordneten migrantischer Abstammung
(davon 12 in der BRD geboren), stellen sie gerade einmal 3% des Bundestages.

Die ARD hat damit in vorauseilendem Gehorsam gleich ein Musterbeispiel für die
Möglichkeiten gegeben, am politischen Diskurs in der BRD teilzunehmen. Menschen
mit oder ohne Migrationshintergrund sind nur so lange eingeladen, sich an der
politischen Debatte zu beteiligen, wie ihre Meinung sich nicht links des
politischen Mainstreams bewegt. Dabei sollte Dagdelen keineswegs zu Fragen
politischer Repression, Justiz oder Polizeigewalt sprechen. Allein ihre
Mitgliedschaft in der Roten Hilfe reicht aus, um sie als Diskussionspartnerin
unmöglich zu machen. Argumente sind für diesen Gesinnungs-TÜV der ARD
offensichtlich unnötig; ausschlaggebend sind allein die fragwürdigen
Geheimdiensteinschätzungen des Verfassungsschutzes.

Der Fall erinnert fatal an die im Herbst 2007 von der Rechtsaußen-Postille
„Junge Freiheit“ inszenierte Hetzkampagne gegen die Juso-Vorsitzende Franziska
Drohsel, die unter dem Druck der Medien schließlich – entgegen ihrer
Überzeugung – aus der Roten Hilfe austrat. Diese Kampagne hatte der Roten Hilfe
dereinst eine ganze Reihe neuer Mitglieder beschert, darunter etliche Bundes-
und Landtagsabgeordnete. Wir sehen die Ausgrenzungsversuche von Medien und
Verfassungsschutz daher durchaus gelassen.

Die Rote Hilfe wird sich unbeirrt von Diffamierungen und
Kriminalisierungsversuchen weiter für alle Linken einsetzen, die auf Grund
ihrer politischen Überzeugungen und Aktionen ausgegrenzt und verfolgt werden.
Wir werden weiterhin kämpfen gegen politische Justiz, Repression und
Überwachungsstaat.

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.

Presseerklärung des Bundesvorstands: Urteilsverkündung im mg-Verfahren

Am Freitag, 16.10.2009, fällte das Berliner Kammergericht im mg-Prozess die
Urteile gegen drei Antimilitaristen, denen ein versuchter Brandanschlag auf
Bundeswehrfahrzeuge vorgeworfen wurde. Aus diesem Tatverdacht hatte die
Staatsanwaltschaft den Vorwurf der Mitgliedschaft in der „terroristischen
Vereinigung“ militante gruppe (mg) gestrickt. Entsprechend hoch fielen die
Haftstrafen in diesem Paradebeispiel von Gesinnungsjustiz aus: Axel und Oliver
wurden zu 3,5 Jahren, Florian zu drei Jahren Knast verurteilt. Gegen die
Urteile wird die Verteidigung umgehend Revision einlegen.

Im Sommer 2007 waren die drei Kriegsgegner in der Nähe eines missglückten
Anschlags auf dem Firmengelände von MAN in Brandenburg/Havel in einer brutalen
Polizeiaktion festgenommen wurden. Gegen die drei Linken wurde nicht nur der
Vorwurf der versuchten Brandstiftung erhoben, sondern auch durch ein
Sammelsurium von dürftigen Beweisen und undurchsichtiger geheimdienstlicher
„Erkenntnisse“ und Mutmaßungen eine Mitgliedschaft in der militanten gruppe
(mg) konstruiert.

Die Angeklagten, die sich zu keinem Zeitpunkt des unfairen Prozesses zu den
Vorwürfen einließen, erfuhren breite Unterstützung aus der gesamten Linken und
auch aus liberalen Kreisen. ProzessbeobachterInnen, UnterstützerInnen und
PressevertreterInnen wurden bei den insgesamt 63 Verhandlungstagen stets von
einem massiven Polizeiaufgebot bewacht und schikanösen Kontrollen unterzogen.
Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens war klar, dass der staatliche
Verfolgungswille keine Beweise oder Fakten benötigte, um eine Verurteilung zu
mehrjährigen Haftstrafen anzustreben: mit der Verhängung drakonischer Strafen
gegen die Antimilitaristen soll ein Exempel statuiert werden, um der deutschen
Kriegspolitik ein „ruhiges Hinterland“ zu verschaffen.
Auch wenn das Urteil von daher nicht ganz überraschend war, schockierte es
dennoch viele Linke, die sich am Freitagabend in verschiedenen Städten zu
spontanen Solidaritätskundgebungen und Protesten versammelten.

Die Rote Hilfe e.V. solidarisiert sich mit den drei Verurteilten und fordert die
sofortige Einstellung aller Verfahren und Observierungsmaßnahmen, die im
Zusammenhang mit der militanten gruppe stehen.

Weg mit den Gummiparagrafen 129, 129a und 129b!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Mathias Krause für den Bundesvorstand

Göttingen, den 17.10.2009

5 Antira-Aktivisten in Hamburg vor Gericht! Kommt zum Prozess!

„Chaos-Randale am Flughafen“

… betitelte die Bildzeitung ihren Artikel über die Abschlussdemo des letztjährigen Antira-Camps in Hamburg und war damit mal wieder so weit von der Realität entfernt wie nah am Polizeibericht. Da von Randale keine Spur war, muss den zahlreich anwesenden Polizeibeamt_innen wohl reichlich langweilig geworden sein. Ein Mitglied der Einsatzleitung entschloss sich jedenfalls, eine Person aufgrund eines am „Befehlskraftwagen“ angebrachten Aufklebers wegen Sachbeschädigung (!) festzunehmen.

Weil der Festnahmeversuch für den Polizisten dort endete, wo sonst in der Regel nur Demonstrant_innen landen, nämlich auf dem Boden, hat das Ganze nun ein juristisches Nachspiel. Über die durchaus spannenden Fragen, was der Polizist in der Demo überhaupt zu suchen hatte und wie er darüber hinaus noch auf die Idee kommen konnte, jemanden wegen eines Aufklebers tätlich anzugreifen, wird leider wohl nicht verhandelt werden. Stattdessen sind fünf Antirassisten wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand angeklagt, da sie den Beamten gemeinschaftlich verprügelt haben sollen.

Die Verhandlung verspricht auch deshalb interessant zu werden, weil einer der Hauptbelastungszeugen, der Leiter der Hamburger Bereitschaftspolizei, Hartmut Dudde, Prügeln sonst keineswegs ablehnend gegenüber steht. Im Gegenteil: „Heute fangen wir mal an. Haut mal schön rein“, soll Dudde seinen Untergebenen laut der taz beim Schanzenfest im Juli 2009 gesagt haben (siehe http://www.taz.de/regional/nord/hamburg/artikel/1/ueberzeugungstaeter-stoppen). Dementsprechend ist er in Hamburg kein Unbekannter und selbst die taz kommt zu der Einschätzung: „Polizeiführer wie […] Hartmut Dudde sind Überzeugungstäter. Sie wissen genau, was sie nicht dürfen – und sie tun es dennoch.“ Mit solch unsympathischen Gestalten wollen die Angeklagten nicht alleine gelassen werden, sondern freuen sich stattdessen auf viele Freund_innen und Genoss_innen, die sie auch vor Gericht unterstützen. Deshalb: Kommt zum Prozess!

Prozesstermine: Di., 20. Oktober 2009; Di., 27. Oktober; Di., 3. November
und Di. 10. November, jeweils um 9:15 Uhr in Raum 267,
Sievekingplatz 3, Strafjustizgebäude, 20355 Hamburg.

Diesen Text als Flyer gibt es als .pdf zum Ausdrucken und Verteilen HIER

Aufruf zur Kundgebung

Wir dokumentieren einen Aufruf des PRP Hamburg:

Liebe Genoss_innen,

am kommenden Freitag fällt das Urteil im mg-Prozess. Kommt alle zur
Kundgebung am Abend!

Freitag – 16. Oktober – 19 Uhr
S-Bahnhof Sternschanze

Für die Angeklagten Axel, Oliver und Florian wird mit mehrjährigen
Haftstrafen gerechnet. Die Bundesanwaltschaft forderte in ihrem
Schlussplädoyer 3 und 3,5 Jahre Haft für die drei Antimilitaristen.
Damit sah die Bundesanwaltschaft nach über 60 Prozesstagen alle Punkte
der Anklage bestätigt. Am 16. Oktober, nur einen Tag nach den Plädoyers
der Verteidigung, will das Berliner Kammergericht das Urteil fällen.

Eine Beratungszeit scheint nicht nötig, was den Schluss nahe legt, dass
das Urteil längst feststeht. Wir rufen dazu auf, das Prozessende nicht
unkommentiert zu lassen und am Tag der Urteilsverkündung gegen
staatliche Repression auf die Straße zu gehen. Zeigen wir unsere
Solidarität mir Axel, Florian und Oliver! Für einen aktiven
Antimilitarismus! Kommt alle!

Solidarische Grüße
Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP) – www.prp-hamburg.tk