Pressemitteilung des „Bündnis Freiheit für Ali Ihsan“: Verfassungsgericht soll über §129 b entscheiden – Der dritte und vierte Tag im Verfahren gegen den kurdischen Politiker Ali Ihsan Kitay

Am Montag, den 13. August hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg das Verfahren gegen den kurdischen Politiker und Aktivisten Ali Ihsan Kitay begonnen. Die Bundesanwaltschaft (BAW) wirft dem 47 jährigen Kurden vor, dass er als Kader der PKK ab Mai 2007 das Gebiet Hamburg und ab Juni 2007 zusätzlich die Region Hamburg geleitet haben soll. Straftaten in Deutschland werden ihm nicht vorgeworfen.

Die Verteidigung Kitays stellte am dritten Prozesstag, Dienstag den 21. August, den Antrag das Verfahren auszusetzen. Das OLG Hamburg solle eine Entscheidung des Bundesverfasungsgerichtes einholen, ob § 129 b gegen das Grundgesetz verstößt. In der folgenden Antragsbegründung legte Rechtsanwalt Carsten Gericke dar, warum § 129 b verfassungswidrig ist. In der juristischen Literaratur werde die Einführung des Paragrafen zurecht als gesetzgeberischer Aktionismus nach den Anschlägen des 11. 09. 2002 kritisiert. Er weise deshalb starke handwerkliche und rechtstaatliche Fehler auf. Der Paragraf sei zu unbestimmt und beliebig auslegbar und könne zudem durch seine universelle Anwendbarkeit, in Bezug auf Sachverhalte in Staaten außerhalb der EU über die meist zu wenig detaillierte Sachkenntnis vorliegt, letztlich nicht effektiv zum Schutz der öffentlichen Sicherheit in der BRD beitragen.

„Der § 129 a kann nicht, wie durch die Etablierung des § 129 b versucht wird, auf Länder übertragen werden, die nicht rechtstaatlich organisiert sind. In diesen ist es als legitim zu werten, dass Befreiungsbewegungen oder bewaffnete Milizen Widerstand gegen Grund- und Menschenrechtsverletzungen oder staatliche Willkür leisten,“ so Gericke. Deren Handeln dürfe deshalb nicht als Terrorismus definiert und strafrechtlich verfolgt werden. Dies werde zum Beispiel Heute in Bezug auf den ANC und Nelson Mandela, die Zapatisten, die Sandinisten, die die Regierung Nicaraguas stellen oder die FMLN in El Salvador weder politisch noch juristisch in Frage gestellt. Menschen die für diese Bewegung Unterstützung mobilisieren oder Spenden sammeln, würden berechtigterweise auch in der Bundesrepublik nicht strafrechtlich verfolgt. Das gleiche Prinzip müsse auch für Bewegungen, wie z.b. die kurdische Befreiungsbewegung, die die Unterstützung einer Bevölkerung von mehreren Millionen Menschen in solch einer legitimen Auseinandersetzung genießt, gelten.

Dadurch, dass das Bundesministerium für Justiz durch eine Ermächtigung entscheidet welche Bewegung strafrechtlich verfolgt wird und welche nicht, würden Strafrecht und Gerichte für politische Interessen mißbraucht, so Gericke. Die Entscheidung über eine Bewertung der Bewegungen falle bei der Ermächtigung zur Verfolgung gemäß § 129 b nicht in einem öffentlichen und transparenten juristischen Verfahren, sondern hinter verschlossenen Türen auf politischer Ebene. Außenpolitischen Interessen folgend würden so zum Beispiel fälschlicher Weise Einschätzungen von Regierungen und Behörden verbündeter Staaten, in denen legitimer Widerstand gegen gravierende Rechtsverletzungen als Terrorismus definiert wird, übernommen.

Die Vertreterin der BAW forderte, diesen Antrag sofort abzuweisen und zitierte dazu eine Urteilsbegründung des OLG München aus einem Al Qaida Verfahren, in dem lediglich wenige Sätze in Bezug auf Teilaspekte des o.g. Problemfelds beurteilt werden. Die Verteidigung erwiderte darauf, dass die BAW den Kontext verfehlt habe und Aspekte wie die Unterstützung der kurdischen Bewegung durch einen Großteil der Bevölkerung, das erlitteene Leid mehrerer Millionen Menschen, die anhaltende Folterpraxis in der Türkei sowie die staatliche Nichtakzeptanz der kurdischen Kultur und der Existenz der KurdInnen überhaupt, ausblende. Zudem müsse jeder Erstsemesterstudent über die juristische Bezuglosigkeit der Stellungnahme der BAW lachen, was die anwesenden ZuschauerInnen zu diesem Zeitpunkt bereits ausgiebig getan hatten.

Das Gericht vertagte die Entscheidung über den Antrag sowie völkerrechtliche Aspekte insgesamt auf einen angemessenen Zeitpunkt, nach der Klärung des Sachverhalts. Mehr als fraglich ist, wie die Rechte des Angeklagten so gewahrt werden sollen. Nach der Klärung des Sachverhalts bedeutet faktisch – nachdem geklärt wurde ob Ali Ihsan Kitay eine leitende Funktion innerhalb der PKK eingenommen hat. Wenn aber die Strafbarkeit einer solchen Tätigkeit gemäß § 129 b, durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts nicht mehr gegeben wäre, würde die gesamte Grundlage des Verfahrens entfallen. Das hieße dann unter anderem, dass Ali Ihsan Kitay mehr als ein Jahr Untersuchungshaft ohne rechtliche Grundlage verbüßt hätte.

Danach ließ das Gericht mehrere Stunden lang Telfonüberwachungsaufzeichnungen anhören. Deren Inhalt waren unter anderem private Belange, wie z.b. in ein Gespräch von Ali Ihsan Kitay mit seinem Bruder in der Türkei. Weitere Gespräche, in denen sich der Angeklagte mit FreundInnen über alltägliche Belange oder Demonstrationen unterhielt, werden seitens der BAW, für ProzessbeobachterInnen anhand der gehörten Gespräche nicht nachvollziehbar, als Beweis für die Leitungsfunktion Ali Ihsan Kitays in der PKK gewertet.

Vierter Verhandlungstag – Widerspruch gegen die Verwertung von erfolterten Aussagen

Am vierten Verhandlungstag widersprach die Verteidigung Ali Ihsan Kitays u.a. der Verwertung von Rechtshilfeersuchen aus der Türkei. In unzähligen Beschlüssen von Oberverwaltungsgerichten (OVG) wurde festgestellt, dass die Türkei nicht rechtstaatlich organisiert ist – und in Strafverfahren regelmäßig erfolterte Aussagen verwendet werden. Die PKK wird staatlicherseits als Hauptfeind definiert und die Verfolgungsbehörden würden alle Mittel nutzen, auch Folter und Menschenrechtsverletzungen um Mitglieder und Sympatisanten der Organisation zu Aussagen zu zwingen oder von weiteren Aktivitäten abzubringen, so die OVG in sämtlichen Urteilen. Deshalb seien die Rechtshilfeersuchen aus der Türkei oder weiteren Ländern, in denen sich Behörden auf erfolterte Aussagen aus der Türkei beziehen, im Prozess nicht verwertbar, erklärte Rechtsanwältin Cornelia Ganten Lange. Darüber hinaus haben die Rechtshilfeersuchen der BAW zum Teil schon seit Januar 2011 vorgelegen. Obwohl den BundesanwältInnen bewusst war, dass diese in die Anklage einfließen sollen, habe sie diese jedoch erst jetzt Gericht und Verteidigung zur Einsicht gegeben. Die Gleichbehandlung der Prozessbeteilgten (Waffengleichheit) sei dadurch grob verletzt, so Rechtsanwalt Gericke. Die Vertreterin der BAW forderte ohne nachvollziehbare Argumentation, dass der Antrag zurückgewiesen wird. Die Entscheidung über den Antrag wurde vertagt.

Zudem entschieden die 5 RichterInnen des OLG über den Antrag der Verteidigung, die das Selbstleseverfahren in großem Umfang kritisiert hatte. Diejenigen der mehr als 200 Dokumente, in denen Beamten des Bundeskriminalamtes (BKA) Wertungen vorgenommen haben und einige unvollständig oder völlig konfus übersetzte Texte sollen nun nicht mehr per Selbsleseverfahren eingeführt werden. Die RichterInnen folgten somit einem Teil der Argumentation der Verteidigung. Da ein großer Anteil der beabsichtigten Dokumente aber weiterhin nur von den Richterinnen, der BAW, der Verteidigung und Ali Ihsan Kitay gelesen werden sollen und nicht in der Verhandlung thematisiert werden, wird der Öffentlichkeit trotzdem nur ein unvollständige und verzerrte Sicht auf die Hintergründe der Anklage und die Sachlage im Verfahren zugänglich.

Wir fordern Freiheit für Ali Ihsan Kitay und Frieden in Kurdistan !

Der nächste Prozesstermin ist Freitag der 31.08.2012, im OLG Hamburg, Sievekinplatz 1

Keine Beratung am 31.7.

Nächste Woche (31.7.) muss die Beratung leider ausfallen, ab der Woche darauf geht es aber wie gewohnt jeden Dienstag 19.30h-20h weiter.

Anquatschversuch in Hamburg

Vor kurzem kam es in Hamburg zu einem erfolglosen Anquatschversuch durch Mitarbeiter einer Repressionsbehörde, den wir hier dokumentieren wollen:

Zwei Männer, beide mit Hemd und Sonnenbrille und zwischen 45 und 50 Jahre alt, warteten im Auto vor der Tür der betroffenen Person und beobachteten Zeitung lesend des Wohnhaus. Nach ungefähr einer Stunde klingelte einer der beiden (graue Haare), woraufhin ihm aber nicht geöffnet wurde. Anschließend stiegen beide wieder ins Auto und fuhren weg. Eine halbe Stunde später stand das Auto wieder vor der Tür, jedoch nur mit einem der beiden. Der andere mit den grauen Haaren kam wenig später mit Essen nach und beide warteten wieder Zeitung lesend und das Wohnhaus beobachtend im Auto. Kurze Zeit später konnte die betroffene Person unbehelligt das Wohnhaus verlassen, wurde bei der Rückkehr allerdings von einem der beiden Männer mit vollem Namen begrüßt, woraufhin sie schnell das Haus betrat und sich so einem Gespräch entziehen konnte. Weitere Aktionen seitens der Männer sind nicht bekannt.

Bei dem Auto handelt es sich um einen schwarzen Mercedes, bei dem das Kennzeichen nicht genau feststeht; es könnte aber HH-V-6328 gewesen sein.

Immer wieder werden Leute aus linken Zusammenhängen von Mitarbeiter*innen staatlicher Repressionsorgane angesprochen, mal mit dem Ziel eines vermeintlich unverfänglichen Gesprächs, einer gezielten Informationsweitergabe oder mit der Option einer längeren Zusammenarbeit.

Es ist immer der Versuch der Einschüchterung und Verunsicherung Einzelner und auch ein Versuch, die Zusammenhänge zu spalten. Es handelt sich dabei keineswegs um die Schuld der angequatschten Person. Wichtig ist, dass diese Versuche an eure Zusammenhänge und darüber hinaus an die Öffentlichkeit weiter gegeben werden. Denn meistens bleibt es nicht bei einem Versuch, an Informationen zu gelangen. Macht andere darauf
aufmerksam, dass ihr nicht alleine seid. Den staatlichen Repressionsorganen ist es zudem unlieb, wenn sie so Aufmerksamkeit auf
sich ziehen, sie möchten im Hintergrund agieren.
Allgemein haben zum Beispiel die Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes nur die Möglichkeit, Druck auf die Personen auszuüben, sie haben aber keine rechtlichen Möglichkeiten, dich zu einer Zusammenarbeit zu zwingen. Deshalb redet mit Freund*innen, Bekannten und Genoss*innen über den Anquatschversuch. Es ist besonders wichtig, einen offenen, vertrauensvollen und solidarischen Umgang miteinander zu wahren.

Sagt nichts und lehnt jedes Gespräch konsequent ab, denn jede weitergegebene Information ist der Anfang eines Puzzles. Denkt nicht, den VS durch ‚nichtige’ Informationsweitergabe täuschen oder überlisten zu können. Es wird uns nicht gelingen ihnen Informationen zu entlocken. Die VS-Mitarbeiter*innen sind darauf geschult und uns in den Gesprächen immer ein wenig voraus. Darum lehnt die Gesprächsangebote zum Schutz
eurer Person, eurer Struktur, unserer linken Struktur ab. Jede Information ist eine zu viel!

Macht Anquatschversuche öffentlich und wendet euch auf jeden Fall an lokale Antirepressionsgruppen, den Ermittlungsausschuss (EA), die Rote
Hilfe, …

Weitere Infos zum Verhalten bei Anquatschversuchen HIER

Anna und Arthur halten’s Maul!

Out of Action Hamburg

Out of action Gruppe in Hamburg

In Hamburg gibt es nun die Möglichkeit, jeden ersten und dritten Mittwoch ab 18.30h bis 20h im Schwarzmarkt zur Sprechstunde von out of action zu kommen. Out of Action ist eine Gruppe, die zu den psychischen Folgen von Repression und Gewalt arbeitet: Sie informieren über das Thema Traumatisierung im Kontext von linkem politischen Widerstand, bieten emotionale erste Hilfe an und kämpfen für einen solidarischen Umgang miteinander.

Mehr Infos hier: https://outofaction.blackblogs.org/
Kontakt, Anfragen, alles an: outofaction-hh@riseup.net

Buchvorstellung und Podiumsdiskussion: Eurovisionen – Aspekte und Entwicklung der europäischen Repressionsarchitektur

23.05.2012 | 19 Uhr | centro sociale, Sternstraße 2

Den Flyer zu Veranstaltung gibt es HIER zum Download.

Repressionsmaßnahmen gegen soziale Bewegungen gehen längst nicht mehr nur von der Ebene der Bundesländer oder Nationalstaaten aus – ein
entscheidender Teil der Sicherheitspolitik wird von der EU vorbereitet und umgesetzt. Dabei passiert vieles in intransparenten Verfahren und bleibt von der Öffentlichkeit unbeachtet, was unter anderem daran liegen dürfte, dass die komplizierte Funktionsweise und der Einfluss der EU von den wenigsten durchschaut werden. Obwohl oder gerade weil die Arbeit der EU-Gremien zunehmend direkt auf das Leben der Menschen in den Mitgliedsstaaten einwirkt, wird vieles erst bekannt, wenn es bereits beschlossene Sache ist – auch, weil die nationalen Regierungen die EU dazu nutzen, innerstaatlich rechtlich oder politisch nicht durchsetzbare Maßnahmen anzutreiben und dann darauf verweisen, aufgrund des EU-Rechts nun mal daran gebunden zu sein. Dieses Buch versucht, vor allem mit Blick auf die Repression gegen soziale Bewegungen, eine kritische Einführung in die Arbeit der EU zu geben und einige Schauplätze der Repressionszusammenarbeit vorzustellen. Es enthält einen Überblick über die Entwicklung der Repression in Frankreich, England und der BRD als treibende Kräfte innerhalb der EU sowie Texte zu den Themen EUISS, der polizeilichen Zusammenarbeit, der EU-Terrorliste, Frontex und Eurojust. Am Ende des Buches steht eine Auswertung, die mit vertiefenden Informationen versucht, den Gesamtzusammenhang zwischen den Kapiteln deutlich zu machen.

Ausgemachtes Ziel des Buches ist dabei die Verständlichkeit für alle Interessierten auch ohne viel Vorwissen. Dieses Buch hat keineswegs den Anspruch, die europäische Sicherheitsarchitektur allumfassend darzustellen. Es soll vielmehr Anstoß geben, sich auch aus linker Perspektive mehr damit zu beschäftigen, eine Analyse vorzunehmen und dieses Wissen in der Bildung von Gegenstrategien zu berücksichtigen.

Beratung am 14. Februar

Nächste Woche (also am 14.2.) wird die Beratung von 19.30 – 20h wie immer im Centro sociale stattfinden, allerdings in einem anderen Raum. Statt im Kolleg findet ihr uns im „Kubus“ direkt am Haupteingang des Centro, gegenüber dem Knust.

Erste Beratung 2012

Wir sind ab dem 10.1. wieder jede Woche dienstags von 19.30 bis 20 Uhr im Kolleg des Centro sociale für euch da.

Rote Hilfe Wandkalender 2012

Rote Hilfe Wandkalender 2012: Altes EisenAuch in die­sem Jahr gibt es wie­der einen Wand­ka­len­der der Roten Hilfe Han­no­ver:
Der Ka­len­der zeigt zwölf far­bi­ge Blät­ter mit Ar­bei­ten von Mecht­hild Har­tung und Ka­len­da­ri­um plus Deck­blatt. Auf der Rück­sei­te gibt es Text zu den Bil­dern auf den Rück­sei­ten.

Ein­zel­be­stel­le­rIn­nen zah­len 10 EUR plus Porto. Bei Sam­mel­be­stel­lun­gen oder Wei­ter­ver­kaufs­ab­sicht kön­nen Ra­bat­te er­fragt wer­den. Mel­det Euch bei der Orts­grup­pe Hannover oder unter der Mail­adres­se ka­len­der-​rh [-at-] web.​de

Eben­falls be­stellt wer­den kön­nen die ab­ge­bil­de­ten Post­kar­ten zum Ka­len­der.


Rote Hilfe Wandkalender 2012: Mumia Abu Jamal

Prozesstermin gegen Rechtsanwalt Andreas Beuth

Montag, 07.November 2011, 9:00 Uhr
Amtsgericht, Sievekingplatz 3, Saal 184

Treffpunkt 07.11.2011 08:30 Uhr gegenüber des Strafjustizgebäudes Sievekingplatz 3

Verteidiger verteidigen – keine Kriminalisierung von Rechtsanwält_innen in HH !

Der Hamburger Rechtsanwalt Andreas Beuth hat am 25.10.2010 einen Strafbefehl des Amtsgerichts Hamburg von 80 Tagessätzen über insgesamt 2400 € erhalten. Er soll fahrlässig gegen das Waffengesetz verstoßen haben, weil er einen Signalgeberhalter, wie er in Notfällen zum Abschuss von Leuchtkugeln von Seglern oder Bergsteigern verwandt wird, ohne Erlaubnis mit sich geführt habe. Rechtsanwalt Beuth besitzt tatsächlich keinen so genannten „Kleinen Waffenschein“ zum Führen eines solchen Signalgebers. Doch das vermeintliche Vergehen hat sich weder auf einer Demonstration oder gar der Waffenverbotszone auf der Reeperbahn ereignet, sondern in einem Gerichtssaal des Straf-justizgebäudes am Sievekingplatz.

Dort verteidigte nämlich Rechtsanwalt Beuth einen Angeklagten, der bei einem der Schanzenfeste mit einem Signalgeber auf Polizeibeamte geschossen haben soll. Verschiedene belastende Beamte sollten mit einem baugleichen Gerät in den Zeugenvernehmungen konfrontiert werden. Nachdem Beuth dies am ersten Verhandlungstag unbeanstandet getan hatte, hinderte der anwesende Staatsanwalt der Staatsschutzabteilung Todt ihn am 2. Verhandlungstag daran, beschlagnahmte den mitgebrachten Signalgeber und kündigte die Einleitung eines Verfahrens wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz an.

Im folgenden Ermittlungsverfahren kamen die zuständigen Beamten des LKA jedoch zum dem Ergebnis, dass aus ihrer Sicht keine Straftat vorliege. Der Signalgeberhalter wäre ungeladen gewesen und sei in einem Aktenkoffer transportiert worden. Zudem hätte der Beschuldigte keine Munition dabei gehabt und schließlich im Rahmen seiner Anwaltstätigkeit ein nachvollziehbares Interesse am Transport des Signalgeberhalters gehabt, das nicht auf die Nutzung als Waffe gerichtet gewesen war. Aus diesen Gründen hätte es keiner Erlaubnis bedurft und Rechtsanwalt Beuth sei kein Verstoß gegen das Waffengesetz vorzuwerfen. Dieses Ermittlungsergebnis überrascht, da sich die Polizei als Teil der staatlichen Repressionsorgane selten in einen inhaltlichen Widerspruch zu einem von der Staatsanwaltschaft angestrengten Verfahren setzt.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ignorierte kurzerhand diese Bewertung und beantragte beim Amtsgericht Hamburg den Erlass des Strafbefehls gegen Rechtsanwalt Beuth. Nachdem dagegen Einspruch eingelegt wurde, soll nunmehr am 07.11.2011 ein Prozess stattfinden.
Dieser Umstand lässt sich nur damit erklären, dass es nicht um die Ahndung angeblich strafbaren Handelns, sondern um Rechtsanwalt Beuth als Person geht.

Mit dem Kriminalisierungsversuch der Hamburger Staatsanwaltschaft wird vor allem die Arbeit Andreas Beuths als engagierter linker Strafverteidiger verfolgt. Rechtsanwalt Beuth hat zuletzt u.a in politischen Verfahren wegen des Vorwurfs der Bildung krimineller bzw. terroristischer Vereinigungen (Paragrafen 129 / 129 a StGB) gemeinsam mit anderen Verteidiger_innen Betroffene verteidigt. Er hat mit dafür gesorgt, dass die staatlichen Repressionsversuche von Protestbewegungen gegen Stadtentwicklungspolitik oder aber auch den G8 in Heiligendamm ins Leere liefen und die Ermittlungsverfahren nie zu einer Anklage geführt haben und eingestellt werden mussten. Auch im Zusammenhang mit Verfahren wegen des Vorwurfs des Landfriedensbruch oder behaupteten Widerstandshandlungen oder Körperverletzungen zum Nachteil von Polizisten konnte Beuth immer wieder Freisprüche oder angesichts gravierender Widersprüche in belastenden polizeilichen Zeugenaussagen Verfahrenseinstellungen durchsetzen. Engagierte linke Strafverteidiger_innen haben sich schon immer in einer besonderen Konfrontation befunden. Und gesellschafts- und herrschaftskritische politische Organisierung sah sich schon immer staatlicher Repression ausgesetzt. Dabei geht es der politischen Justiz weniger um strafbares Handeln, sondern es wird vor allem politische Gesinnung kriminalisiert. Dem lag und liegt der Gedanke eines Feindstrafrechts zugrunde, der Polizei, Staatsanwalt und Gerichte ermächtigt, politische Gesinnung als kriminell zu stigmatisieren und im Rahmen von Ermittlungsverfahren bzw. Gerichtsverfahren abzuurteilen. Ziel ist die Einschüchterung von politisch aktiven Menschen und die Zerschlagung von nicht erwünschtem politischem Widerstand. Feindstrafrecht folgt politischen Vorgaben. In diesem Zusammenhang spielen auch die aktuellen politischen gesellschaftlichen Entwicklungen eine Rolle. Die beispielsweise sich neoliberal formierende Politik in sozialen und ökonomischen Fragen oder die Abschottung Europas vor Flüchtlingen produziert gesellschaftliche Widersprüche, die vor allem durch repressive Konzepte von Überwachung, Kontrolle und Kriminalisierung beherrscht werden sollen. Die regelmäßigen und zyklisch initiierten Initiativen für Gesetzesverschärfungen sind Ausdruck dieser Entwicklung. In diesem Kontext können politisch parteilich und solidarisch verteidigende Rechtsanwält_innen selbst in den Fokus staatlicher Repression kommen. Die Tätigkeit Andreas Beuths in zahlreichen von Staatsschutz und der Abteilung der Staatsanwaltschaft 7101 für politische Delikte initiierten Verfahren ist Teilen der Hamburger Justiz jedenfalls offensichtlich ein Dorn im Auge. Nur so lässt sich der Versuch erklären, das Verteidigerhandeln eines Rechtsanwalts im Gerichtssaal als Straftat zu kriminalisieren. Der Versuch der Einschüchterung soll über die Person des Betroffen hinaus dabei ein (rechts-)politisches Signal an andere Kolleginnen und Kollegen sein. Entsprechend haben sich bereits 120 Hamburger Kolleginnen und Kollegen, die Strafverteidiger-AG Hamburg, der RAV, aber auch die Rote Hilfe solidarisch erklärt und die sofortige Einstellung des Verfahrens gefordert. Aber auch alle politisch engagierten Menschen sind aufgefordert, sich solidarisch zu zeigen. Wenn Anwält_innen politische Bewegung vor staatlicher Repression weiterhin in Zukunft verteidigen sollen, muss die politische Bewegung ebenso Anwält_innen gegen staatliche Repression verteidigen.

Sofortige Einstellung des Verfahrens gegen Rechtsanwalt Beuth!
Keine Kriminalisierung von Rechtsanwält_innen überhaupt!
Solidarität ist unsere Waffe!